Wildkameras – die stillen Wächter im Revier

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Über die Bewegungen des Wildes im Revier Bescheid zu wissen, ist die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Jagd. Mangels technischer Hilfsmittel waren unsere grünen Altvorderen absolut fit im Fährtenlesen und der Deutung von natürlichen Hinterlassenschaften des Wildes. Die vielen Begriffe in der Jägersprache für dieses Auskundschaften belegen die Akribie, mit der sich die Jäger in den vergangenen Jahrhunderten dieser Aufgabe widmeten. Allein für die verschiedenen Ausformungen von Fährten und anderer Zeichen von Hirschen kannte man im 18. Jahrhundert 72 Begriffe! Nur wer die beherrschte, galt damals als hirschgerechter Jäger.

Starker Hirsch mit Grünzeug
Was heute die Wildkamera zeigt, lasen die hirschgerechten Jäger aus den Pirschzeichen

Vom Fährtenlesen zur Wilduhr

Dieses Fährtenlesen ist zwar eine spannende und jagdkulturell beeindruckende Leistung, aber die Zeichen (der Zeit) haben sich geändert. Vor allem in den letzten 50 Jahren. Die Kirrungsjäger bauten kleine Pyramiden über ihren Maishäufchen, um zu sehen, ob die borstigen Gesellen ihre Appetithappen angenommen haben. Außerdem konnten sie so erkennen, ob die Schwarzen ihr Abendmahl schon eingenommen hatten, bevor der Jäger seinen Ansitz bezieht. Der nächste Fortschritt bestand in Wilduhren, die im Kirrgut versteckt wurden. Ihre Zeiger bleiben bei Erschütterungen stehen und halten damit genau die Zeit fest, zu der eine „Schweinebande“ die Leckerbissen aufsucht.

Wildkameras halten alle Bewegungen fest

Aber die Entwicklung ging weiter: Seit gut 15 Jahren haben sich Wildkameras als stille Revierspione durchgesetzt. Sie zeichnen per optischem Bewegungsmelder in einem Bereich bis etwa 25 Meter alle Ereignisse auf – Tag und Nacht. Die eifrig im Laub scharrende Singdrossel ebenso wie den alten Feisthirsch. Aber auch Autos, Spaziergänger und neuerdings häufig die gar nicht mehr so heimlichen Wölfe. Bei erkennbaren Personen ist übrigens Vorsicht geboten. Diese Bilder am besten gleich wieder löschen. Sonst kann es wegen der Persönlichkeitsrechte Ärger geben.

Wildkamera anbringen
Die meisten Wildkameras funktionieren ähnlich

Was für Sauen waren an der Kirrung?

Wo bietet sich der Einsatz von Wildkameras an? Sie ersetzen in vielen Revieren die Stöckchen-Pyramide an der Kirrung. Es wird nicht nur die Besuchszeit des Schwarzwildes festgehalten, man sieht auch, wer sich über die Leckerlis hergemacht hat. Eine Bache mit kleinen Streifenhörnchen wird kaum zu einem Ansitz motivieren. Anders sieht es schon aus, wenn sich nichtführende Überläufer in der Rotte entdecken lassen, ein Überläufertrupp aufgezeichnet wurde oder gar ein anständiger Keiler.

Keiler im Wasser
Keiler quert Bach. Die Waffen sind deutlich zu erkennen.

Wenn der Jäger per Funk gerufen wird

Es gibt unterdessen eine technische Steigerung bei Wildkameras: die Funkverbindung. Bestenfalls werden dem Empfänger des Funksignals bei Wildanwesenheit die Bilder aktuell aufs Handy gesendet. Damit ist er – egal wo – durch seinen Revierspion über das Geschehen im Busch informiert. Wer nah genug dran ist, kann bei passenden Stücken und Lichtverhältnissen seine Büchse schultern und sich auf den Weg machen. Neben dem Zeitfaktor sind geräuschlose Annäherung und richtiger Wind der Schlüssel zum Erfolg. Wichtig für solches Vorgehen: saubere Pirschwege und eine gedeckte Ansitzeinrichtung.

Diese Methode ist vom jagdethischen Gesichtspunkt her Geschmackssache. Sauenschwemme, Wildschaden, ASP-Gefahr sind Argumente, die diese Praxis rechtfertigen können. Allerdings verhindert in vielen Fällen das nicht vorhandene Funknetz im Busch von vornherein die praktische Umsetzung.

Sauenrotte an Salzlecke
Gierig auf Salz

Welche Plätze eignen sich für Wildkameras?

Kirrungen sind jedoch nicht das alleinige Einsatzgebiet für die elektronischen Wächter. Sehr gut eignen sich zum Beispiel auch Salzlecken, Suhlen, Zaunlöcher oder stark belaufene Wechsel. Also Punkte, die vom Wild regelmäßig aufgesucht werden. Hauptsächlich geht es natürlich um Schalenwild. Aber es ist auch faszinierend, wieviel andere Wildarten sichtbar werden. Plötzlich wird dokumentiert, dass sich auch Waschbär oder Mink rumtreiben oder wieviel Dachse es unterdessen gibt. Da Zeit und Datum dokumentiert werden, zeigt sich auch, wie häufig selbst heimliche Wildarten am Tage unterwegs sind – und das nicht nur in ungestörten Revieren.

Damhirsch an Salzlecke
Überraschung: Erstmalig hat sich in diesem Revier ein junger Damhirsch eingefunden.

Wie verhindere ich Fehlauslösungen?

Wichtig ist, die Kamera richtig zu positionieren. Zunächst mal: möglichst außerhalb von menschlichen Aktivitäten. Gras, Stauden, Äste oder Büsche auf „Schussdistanz“ der Kamera sollten sorgfältig entfernt werden. Nicht nur wegen der Optik, sondern weil sonst bei Wind diese Teile so stark bewegt werden, dass hunderte von wertlosen Landschaftsaufnahmen produziert werden. Leider sind viele der Geräte in den günstigen Preisklasse empfindlich gegen Regen. Dringt zu viel Feuchtigkeit ein, entladen sich die Batterien. Bei der unterdessen weiten Verbreitung dieser Geräte ist es erstaunlich, dass es dafür nicht ein Art Dach als Zusatzausstattung gibt. Die ähnliche Bauform aller Kameras kommt einer Universal-Lösung entgegen.

Leuchtender Fuchs
Die Seher des Fuchses leuchten wie Glühbirnen

SD-Karten austauschen und zu Hause betrachten

Auf dem Display lassen sich die Bilder vor Ort anschauen. Das ist auf dem kleinen Display jedoch wenig erhellend und bindet den Jäger lange an diesen Ort. Wesentlich besser ist es, einfach die Speicherkarte gegen eine neue auszutauschen. Bei den heutigen Preisen für SD-Karten kein Ding. Zu Hause am PC lassen sich die Aufnahmen viel besser betrachten und im Zweifel speichern. Doch daran denken: Vor dem Entfernen der Speicherkarte vor Ort, die Wildkamera ausstellen. Es ist der gleiche Prozess, als wenn man am PC einen USB-Stick entfernen will. Zunächst muss die Verbindung getrennt werden, sonst können Daten verloren gehen.

Leider haben manche Hersteller den SD-Schlitz so blöd (anders kann man es nicht formulieren) angebracht, dass es eine gewaltige Fummelei ist, bis man die Speicherkarte richtig zu fassen bekommt. Der unterdessen große Markt beweist, dass sich das deutlich komfortabler lösen lässt.

Rinderherde
Auch das kann wichtig sein. Eine Kuhdrift mitten durchs Revier erzeugt erhebliche Unruhe.

Nicht jeden Tag hinrennen

Wer jeden Tag zu seiner Kamera hinrennt, verdirbt sich genau den Vorteil, den diese Revierwächter bieten: stille Kontrolle ohne menschliche Anwesenheit. Das gilt natürlich besonders für sensible Einstandsbereiche. Das Wild registriert zwar manchmal diese kleinen Kisten, produziert manchmal richtige Selfies, wirklich übel nehmen sie diese jagdliche Paparazzitum aber nicht.

Rotwildrudel im Schnee
Drückjagd beim Nachbarn. Das Rotwildrudel bringt sich in Sicherheit.

Der spannende Moment der Auswertung

Wenn nach einer geraumen Zeit die Wildkameras (über Tage!) gemolken werden, kommt der spannende Moment, wenn die Aufnahmen zu Hause am Computer eingespielt werden. Nicht selten ist das erste Sahne und mitunter voller Überraschungen. Eine wirklich faszinierende Möglichkeit, sein Revier besser zu kennen, ohne ständig anwesend sein zu müssen.

Brunftiger Hirsch
Brunftiger Hirsch auf der Suche nach Kahlwild

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