Über die Kunst, mit Vögeln zu jagen

So lautet der Titel eines Buches, das Kaiser Friedrich II. bereits zwischen 1241 und 1248 verfasst hat. Damals natürlich noch auf Latein mit dem Originaltitel „De arte venandi cum avibus“. Es ist ein Lehrbuch über die Beizjagd und Vogelkunde und bis heute quasi eine Bibel für die Freunde der Falknerei geblieben, denn es fasst genau die beiden Bereiche zusammen, die in der Falknerei dominieren: Die Jagd mit dem abgetragenen Beizvogel und den Schutz der wildlebenden Greifvögel.

Falkner sind Individualisten, die sich aber auf internationalen Treffen gern austauschen

Zwei- und vierläufige Helfer des Jägers

Die Jagd hat viele Facetten, und viele davon kommen nicht ohne Helfer aus. Das klassische Beispiel sind Treiber, die das Wild hochmachen und vor die Schützen bringen. Unter den vierläufigen Helfern steht der Jagdhund ganz vorn. Fast die Hälfte der Jägerhaushalte beherbergt einen dieser treuen Gesellen, der Wild aufstöbert, apportiert oder nachsucht.

Die Jagd mit Adler und Hund

Aber da gibt es noch mehr: Zum Beispiel das Frettchen, das die Kaninchen aus ihren Bauen befördert oder der Uhu, auf den seine gefiederten Konkurrenten hassen. Leider heute nur noch in Form einer Attrappe zulässig. Der älteste Einsatz von Jagdhelfern ist jedoch die Beizjagd mit einem Greif. Die Anfänge dieser Jagdausübung reichen bis in die vorchristliche Zeit zurück.

Die Geschichte der Falknerei reicht weit zurück

Die Wurzeln der Falknerei sind im asiatischen Bereich zu finden. Der älteste geschichtliche Hinweis befindet sich auf einem assyrischen Siegel aus dem 13. Jahrhundert vor Christi. Nach Europa gelangte die Beizjagd erst im Zuge der Völkerwanderung im 4. Jahrhundert nach Christi. Ebenso wie in ihren asiatischen Ursprüngen geriet sie auch hier zum herrschaftlichen Standessymbol. Selbst der Klerus präsentierte sich gern mit dem Falken auf der Faust. Schon früh wurden die Jagdtechniken der Beize dokumentiert. Das um 1300 verfasste „Beizbüchlein“ gilt als erstes Jagdbuch überhaupt.

In asiatischen Ländern hat die Beizjagd ihre Ursprünge, die bis heute lebendig geblieben sind – auch in der Kunst

1923, vor genau 100 Jahren, wurde unter Führung von Renz Waller in Leipzig der Deutsche Falkenorden (DFO) gegründet, der damit der älteste Falknerverband der Welt überhaupt ist. Tief in der Landeskultur verankert ist die Beizjagd nach wie vor im asiatischen Raum, speziell in Arabien und der Mongolei. Schon Marco Polo berichtete, dass der Herrscher Kublai Khan mit 10.000 Falknern aufbrach, um auf Wolf, Fuchs und Hase zu jagen. Selbst wenn diese Zahl deutlich übertrieben sein mag, belegt sie die bedeutende Stellung der Falknerei in diesem Raum.

Mit einem Adler jagt der Falkner oft jahrzehntelang

Beizjagd nur mit Prüfung zugelassen

Wie steht die Falknerei in der heutigen Zeit da? Um mit einem Beizvogel in Deutschland zu jagen, ist zunächst eine Prüfung zu absolvieren, die bis auf das Schießen alle Elemente einer „normalen Jägerprüfung“ abfordert. Auch an die Haltung von Beizvögeln werden hohe Anforderungen gestellt. Wahrscheinlich auch deshalb, weil die Jagd mit Falke, Habicht oder Adler von vielen Tierfreunden sehr kritisch beäugt wird. Immerhin wird ja ein Tier zur Erbeutung eines anderen vom Menschen eingesetzt – ein harter Brocken für naturfremde Tierstreichler, obwohl eigentlich nur ein Vorgang unter menschlicher Aufsicht nachvollzogen wird, der in der Natur für das Überleben eines Greifvogels essentiell notwendig ist.

Wird der Adler den Hasen erwischen? Längst nicht jeder Flug eines Beizvogels ist erfolgreich

In einigen Ländern ist oder war die Beizjagd verboten. Selbst im sonst so liberalen Nachbarland Dänemark wurde sie erst vor Kurzem wieder zugelassen. Geholfen hat dabei, dass die Falknerei von der UNESCO 2010 als immaterielles Kulturerbe der Menschheit anerkannt worden ist.

Niedergang durch chemische Keule

Ins Kreuzfeuer der Kritik gerieten einige Falkner weltweit durch Aushorsten von Greifvogelgelegen, vor allem als deren Bestand in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts stark zurückging. Der illegale Raub von Eiern und Jungvögeln war für kriminelle Elemente auch deshalb lohnenswert, weil Falkner aus arabischen Ländern diese Taten mit horrenden Preisen „honorierten“. Vergleichbar mit der heutigen Praxis der Nashornwilderei.

Nach den Erfolgen in der Zucht müssen heute keine Greifvogelhorste mehr ausgeplündert werden

Wie sich später herausstellte, war der Grund für die Rückgänge der Greifvogelbestände der Großeinsatz des Insektizids Dichlordiphenyltrichlorethan, besser bekannt unter dem Kürzel DDT. Erst nach dem Verbot dieser chemischen Keule erholten sich allmählich die Greifvogelpopulationen.

Erfolgreiche Zucht und Auswilderung durch Falkenorden

Einen entscheidenden Anteil an dem Aufschwung hatten die Falkner in Deutschland. Prof. Christian Saar vom Deutschen Falkenorden (DFO) gelang es als erstem, Falken in Gefangenschaft zu züchten. So mussten keine Wildfänge mehr für die Falknerei entnommen werden und der Schwarzmarkt mit Horstplünderungen wurde ausgetrocknet, weil es keine Schwierigkeit mehr gab, Falkner zu günstigen Konditionen ausreichend mit Vögeln zu versorgen.

Die Kunst ist es, den Beizvogel in einer optimalen Jagdkondition zu halten

Die züchterischen Erfolge auch mit anderen Arten waren so groß, dass Jungvögel an geeigneten Orten wieder ausgewildert werden konnten. Auf diese Art sorgte der DFO dafür, dass sich die Bestände rasch wieder erholten und sich heute auf einem stabilen Niveau bewegen. Selbst eine vollkommen erloschene Baumbrüter-Population im Norden Deutschlands konnte dadurch wieder erfolgreich etabliert werden.

Immaterielles Kulturerbe der Menschheit

Die Faszination der Falknerei wird nur derjenige verstehen, der eine Beizjagd mal beobachtet hat. Ob nun mit dem Allrounder Habicht, dem Wanderfalken als pfeilschnellen Sturzjäger oder dem Adler, der selbst Rehe bindet. Denn nur sehr selten werden auch alterfahrene Jäger einen Beuteflug dieser Greife in der freien Natur beobachtet haben. Bei der Beize ist es möglich. Und es ist wie auf jeder Jagd: Nicht jeder Schuss ist ein Treffer, auch der gefiederte Jäger schlägt nicht jedesmal erfolgreich zu. Es ist eben Jagd.

Rothabicht: Zielgerichteter kann ein Blick kaum sein

Eine Antwort

  1. Nach dem Lesen eines solchen Artikels überlegt man sich gleich, ob man hier jagdlich nicht umschwenken möchte!, großartiger Artikel! 👏, Danke für diesen Bericht!

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