Teil 2: Rehwild richtig aus der Decke schlagen

Nachdem Zerwirkprofi Thorsten Wagner im ersten Teil der Serie beschrieben hat, wie ein Reh richtig aufgebrochen wird, zeigt er uns heute, wie ein Reh richtig aus der Decke geschlagen wird. 

Nach drei Tagen in der Kühlkammer ist das Reh bereit für den nächsten Schritt der Wildbretgewinnung: Wir schlagen es aus der Decke. Dazu brauchen wir einen Drehhaken zum Aufhängen, zwei Messer mit gerader und geschwungener Klinge, Akkuknochensäge oder Knochenschere sowie Gummihandschuhe und optional Stechschutzhandschuhe, Schürze und Hängewaage.

Zerwirk Werkzeug

Das abgehangene Reh hängen wir nun am linken Hinterlauf an den Drehhaken mit Hängewaage, um das Gewicht zu ermitteln. Zur Aufhängung schneiden wir die Decke so ein, dass der Haken genau zwischen Sehne und Knochen sitzt. Also aufpassen, dass man nicht aus Versehen die Sehne durchtrennt.

Reh aufhängen Hängewaage

Dann schärfen wir die Vorderläufe im ersten Drittel des Gelenks mit dem Messer ab. Ist die Gelenkschale geöffnet und durchtrennt, können wir den Unterlauf mit einer kräftigen Reiß- und Drehbewegung abbrechen.

Läufe schärfen Reh

Reh aus der Decke schlagen - Vorderläufe abtrennen

Wenn wir die Unterläufe abgetrennt haben, geht es mit dem Haupt weiter, falls es nicht schon direkt nach der Erlegung entfernt wurde. Wir packen das herabhängende Haupt fest an den Lauschern und setzen direkt unterhalb einen Schnitt quer über den Nacken bis hinab auf den Atlas-Wirbelknochen. Dieser ist – im wahrsten Sinne des Wortes – die Schnittstelle zwischen Träger und Haupt.

Rehwild aus der Decke schlagen

Den Atlasknochen durchtrennen wir mittig mit der geschärften Messerklinge. Dabei kommt es vor allem auf die Schnitttechnik an, aber ein wenig Krafteinsatz schadet hier auch nicht. Ist der Knochenknorpel durchtrennt, lässt sich der restliche Träger samt Decke leicht abschneiden.

Aufbrechen des Atlasknochen beim Rehwild

Jetzt ist das Reh bereit zum eigentlichen Ausziehen. Dazu schneiden wir am frei hängenden rechten Hinterlauf die Decke vor dem Gelenk bis auf den Knochen ein und führen dann die Messerspitze mit der Schneide nach oben in Richtung Keuleninnenseite. Hierbei passen wir auf, dass direkt unter der Decke liegende Fleisch nicht einzuritzen!

Hinterlauf einschneiden beim Reh

Jetzt packen wir die gelöste Decke und ziehen sie mit den Fingern ab, dabei können wir ruhig kraftvoll reißen. Ist der Lauf vollständig entblößt, trennen wir das Laufende am Gelenk mit dem Messer ab (so wie anfangs den Vorderlauf, siehe oben).

Das gleiche machen wir nun mit dem linken Hinterlauf und hängen das Reh dann an den beiden nackten Hinterläufen an einem Haken auf.

Decke abziehen beim Rehwild

Nun ziehen wir die Decke mit beiden Händen abwärts über die Keulen bis an die Dünnung. Dabei können wir vorsichtig mit dem Messer nachhelfen, indem wir ganz vorsichtig das Gewebe zwischen Fleisch und Decke durchritzen. Insbesondere beim Ablösen der dünnen Bauchwände von der Deckeninnenseite bis zum Brustkorb müssen wir gut aufpassen, dass Fleisch nicht zu verletzen oder zu dick abzutragen.

Decke ablösen beim Reh

Jetzt ziehen wir die Decke über den Rücken bis zu den Schultern. Hier kommt die Faust ins Spiel: Mit ihr drücken und boxen wir die Decke über die Schultern hinab bis zum Trägeransatz. Die Faust schiebt sich quasi wie ein runder Keil zwischen Fleisch und Decke. Dabei helfen wir mit leichten Schlägen nach, um das festere Unterhautgewebe besser zu lösen. Daher auch die traditionelle Redewendung: Das Wild aus der Decke schlagen!

Anleitung Reh aus der Decke schlagen

Reh abziehen aber richtig

Wenn man unten ankommt, lässt sich die Decke mit ein paar kräftigen Ruckbewegungen einfach über die Vorderläufe und den Träger ziehen. Schon ist das Reh splitternackt – und wir können uns im nächsten Schritt der eigentlichen Wildbretgewinnung widmen.

Im dritten und letzten Teil der Serie zeigt Ihnen der Zerwirkprofi Thorsten Wagner, wie ein Reh richtig zerwirkt und für den Verkauf vorbereitet wird.

9 Antworten

  1. So sollte man es den angehenden Jungjägern bei der Ausbildung lernen und demonstrieren, denn manche Jungjäger haben weder vor oder im Rahmen der Ausbildung ein Stück Schalenwild aufgebrochen, aus der Decke geschlagen und erst recht nicht zerlegt.

    1. Da haben Sie Recht! Und wir Jäger wissen, wie in der Praxis häufig aufgebrochen wird. Das geschieht oft nicht mit Absicht, es fehlt einfach das Wissen. Deshalb sind solche Tutorials auch sehr sinnvoll, um aufzuzeigen, wie es optimal gemacht wird.

  2. Schritt für Schritt erklärt. Es gibt viele schnelle Möglichkeiten. Ich denke allerdings für angehende „Zerwirker“ die am leichtesten verständliche Methode. Kann ich nur weiterempfehlen.

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