Morgenansitz oder Abendansitz – was ist besser?

Was ist erfolgversprechender – das abendliche Rausgehen oder besser am frühen Morgen? Das ist eine Frage, die unter Jägern gern diskutiert wird. Nicht allein die Revierverhältnisse und das Verhalten des Wildes spielen dabei eine Rolle, sondern auch die persönlichen Umstände und Vorlieben eines Jägers. Es gibt nun mal bekanntermaßen Morgenmenschen und Nachteulen.

Untergehende Sonne
Bei Sonnuntergang kommt Leben ins Revier

Nicht nur eine jagdliche Frage

Aber abgesehen davon hängen die jagdlichen Aktivitäten auch vom beruflichen und familiären Umfeld ab. Wer als Angestellter morgens früh „auf der Matte stehen muss“, kann es sich kaum leisten, vorher durch Feld und Flur zu pirschen und eventuell noch Wild zu bergen und zu versorgen. Selbst wenn ein fleißiger Nimrod die kurzen Sommernächte zum frühen Jagen nutzt, der Arbeitstag wird danach für ihn mächtig lang. Ganz deutlich im Vorteil sind in dieser Hinsicht Studenten und Rentner.

Abends früh genug raus

Der Abend- oder Nachtansitz ist sicher die häufigste Jagdform in Deutschland. Neben der besseren Machbarkeit für Jäger weist er einige Pluspunkte auf:

Der Jäger kann noch bei gutem Licht seinen Platz aufsuchen, das Wild ist üblicherweise noch nicht in Bewegung. Er kann sich leise seinem ausgewählten Ansitzplatz nähern, weil er noch alle eventuellen Hindernisse auf dem Weg dorthin gut erkennt. Falls sich doch schon bereits Wild auf den Läufen befindet, kann er entsprechend darauf reagieren.

Damspießer vor Hochsitz
Das tagaktive Damwild taucht auch bei gutem Licht auf

Abends hat das Wild Hunger

Im Zuge der Dämmerung wird das Schalenwild üblicherweise in Bewegung kommen, um Nahrung oder Fraß aufzunehmen. Wer also den richtigen Platz unter Berücksichtigung des Windes ausgewählt hat, hat gute Chancen auf Anblick und Beute. Bei guter Vorbereitung (sauberer Pirschweg) kann der Jäger sich nach Ende des Büchsenlichtes unentdeckt zurückziehen und das Feld beziehungsweise den Wald den wilden Tieren ohne Störung überlassen. Falls gewichtige Beute gemacht wurde, finden sich im Übrigen abends am ehesten Mitjäger oder Gleichgesinnte zum Bergen und – nicht zu vergessen – zum gemeinsamen Feiern.

Hochsitz Aufstieg
Gut ausgerüstet rechtzeitig auf den Hochsitz, das erhöht die Erfolgschancen.

Jagen „ins Licht“

Welche Trümpfe kann der morgendliche Gang ins Revier ausspielen? Zunächst mal jagt man „ins Licht“. Mit jeder Minute nimmt die Helligkeit zu. Im Gegensatz zum Abend braucht nicht befürchtet zu werden, dass sich durch fortschreitende Zeit die Chancen zum Ansprechen und Erlegen verringern. Jede Minute bringt mehr Einblick. Falls der Weg zum Ansitzpunkt nicht über frei einsehbare Flächen führt, reicht ein Start bei einsetzender Morgendämmerung. Damit ist der Weg einigermaßen erkennbar, der Jäger kann sich leise nähern und erkennt Wild, dass ich noch draußen befindet.

Nachsuche am Morgen
Am Morgen kann gleich nachgesucht werden, wenn das Stück nicht liegt.

Das Wild ist entspannt

Normalerweise hat das Wild am Morgen seinen Hunger bereits gestillt und befindet sich auf dem Rückweg zu seinen Ruheplätzen. Dadurch sind die Stücke vertrauter und ruhiger. Fällt ein Schuss, kann bei guten Lichtverhältnissen der Anschuss lokalisiert und untersucht werden, falls das Stück nicht am Platz liegt. Auch eine Schweißfährte lässt sich besser lesen, so dass bei eindeutigen Zeichen die Totfährte unproblematisch bis zum Stück verfolgt werden kann. In schwierigen Fällen kann am gleichen Tage noch ein Schweißhundführer angefordert werden. Die Gefahr des Verhitzens oder Anschneidens über Nacht entfällt.

Kolbenhirsch-Rudel
In aller Ruhe zieht das Kolbenhirschrudel morgens zurück in den Einstand.

Wahlmöglichkeit am Wochenende

Es hängt natürlich auch von den Revierverhältnissen ab, welche Tageszeit für jagdliche Einsätze günstiger ist. Potteben, hügelig oder bergig – wie ungesehen erreicht der Jäger seinen Platz? Welche Störungen beeinträchtigen das Revier: Wenn abends reichlich Spaziergänger, Biker oder Quad-Enthusiasten durchs Revier turnen, kann der Morgenansitz die bessere Alternative sein.

Am Wochenende haben auch die berufstätigen Grünröcke die Wahlmöglichkeit zwischen Morgen und Abend, soweit es sich nicht mit den familiären Ansprüchen beißt. Wer jedoch am Sonntagmorgen nicht nur Beute im Kofferraum hat, sondern auch frische Brötchen mitbringt, kann mit Sicherheit bei der eigenen Sippe punkten!

Ansitz am Waldrand
An offenen Plätzen rechtzeitig den Sitz beziehen

Vor- und Nachteile von Morgenansitz und Abendansitz

Morgens

Pro

  • Licht nimmt zu
  • Wild wechselt entspannt zurück in Einstand
  • Mehr Ruhe im Revier
  • Nachsuchen am gleichen Tag

Contra

  • Schwierig mit Arbeitszeiten zu kombinieren
  • Hilfe beim Bergen schwer zu organisieren
  • Frühes Aufstehen fällt vielen schwer

Abends

Pro

  • Hungriges Wild drängt nach draußen
  • Gutes Herankommen
  • Besser mit Beruf verbindbar
  • Hilfe beim Bergen
  • Freunde zum Feiern

Contra

  • Abnehmendes Licht
  • Schwieriger Rückweg
  • Störung durch Freizeitaktivitäten
  • Wildbergung im Dunklen
  • Gefahr von Verhitzen und Anschneiden

4 Antworten

  1. Stimmt, es fällt schwer, sich zum frühen Aufstehen zu motivieren. Ich bin eher von der Abend-Fraktion. Mit geeigneten Zielfernrohren für Nachtjäger ist die Dunkelheit ja auch kein Problem.

  2. Bin ein Liebhaber des Morgenansitzes. Fast kein Freizeitverkehr im Revier, der beginnende Tag… Am liebsten bezieh ich gut bekannte Sitze/ Kanzeln in tiefer Nacht … und dann beginnt das Beobachten mit der Handwärmebild, dann Wechsel aufs Glas …

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