Auch wenn wir das ganze Jahr täglich im Revier unterwegs sind, ist der Mai ein ganz besonderes Datum für uns. Nein, nicht weil wir den Maibock an die Decke wollen, sondern weil die erste Wiesenmahd ansteht. Neben unserem Hochwildrevier bejagen wir ein ca. 700 ha großes Niederwildrevier. Es ist ein reines Feldrevier mit ca. 245 ha Mahdfläche. Schon immer sahen wir es als unsere Aufgabe, bei der Suche vor der Mahd unsere Landwirte nach allen Kräften zu unterstützen. Seit 2022 nutzen wir eine Drohne ausgestattet mit einer Wärmebildkamera.
Die Ergebnisse haben uns völlig überrumpelt. Bereits in der ersten Saison haben wir 54 Kitze, 17 Igel, ein Entengelege und drei Junghasen vor den tödlichen Messern retten können. In diesem Jahr sind es Stand heute 23 Kitze, 3 Junghasen und 4 Gelege. Ob wir die Zahl vom letzten Jahr bis zum Ende der Mahd noch toppen können? Man traut sich nicht vorzustellen, wie hoch die Mähverluste und das damit einhergehende Leid in den Jahren zuvor tatsächlich war. Trotz Einsatz unserer Hunde, das Aufstellen von Piepern, Scheuchen, Wildrettern und alles, was sich anbot, müssen die Verluste extrem hoch gewesen sein. Fundzahlen wie heute haben wir ohne die Drohne niemals auch nur annähernd erreicht.
Mit der Anschaffung einer Drohne ist es noch nicht getan. Man benötigt zahlreiches Zubehör wie zum Beispiel: zahlreiche Akkus, Schnellladegeräte, Aufbewahrungsboxen, Funkgeräte, Taschenlampen, Arbeitshandschuhe, Kescher … Ohne die Mithilfe aller im Revier beteiligten Jäger ist die Kitzsuche nicht zu stemmen. Ein Kernteam von mindestens drei Rettern muss bei uns Anfang Mai jeden Tag bereitstehen, um die Aufgabe zu bewältigen. Spontane Verfügbarkeit lautet das Zauberwort. Abhängig vom Mahdtermin ist der zweite Schnitt genauso erfolgversprechend wie der erste. Erst Mitte Juni kommt die Suchausrüstung und auch unser Rettungsteam wieder zur Ruhe.
Zu einer ganz anderen Kitzrettung kam es durch einen Anruf eines Jagdkameraden. Bereits seit mehr als 24 Stunden fiepe es im Feld hinter seinem Garten und intensive Beobachtungen ergaben, dass die Ricke sich dem Kitz nicht mehr annahm. Vorsichtig näherten wir uns dem Geräusch und entdeckten den Schreihals. Unverletzt, aber ziemlich geschwächt lag ein zwei Tage altes Kitz vor unseren Füßen. Was nun? Der Natur ihren Lauf lassen und es Fuchs und Krähe überlassen? Die Qual ersparen und erlösen? Das Kleine bergen, aufpäppeln und aufziehen mit allen daraus entstehenden Konsequenzen? Wir entschieden uns für das letztere und nahmen das Bockkitz zur Aufzucht mit auf unseren Hof. Gerade mal 1200 g brachte unser Notfall auf die Waage und es galt zunächst mit Biestmilch den kleinen Kerl auf die Läufe zu bringen.
Wir hatten gerade die ersten Wochen und schlaflosen Nächte hinter uns und es kam der nächste Pflegefall in unsere Hände. Während der Mahd setzte eine Ricke vom Trecker in Panik versetzt ihr Kitz auf der zu mähenden Wiese. Ohne es anzunehmen, sprang sie direkt nach dem Setzen ab und mied die Fläche. Wir warteten 24 Stunden ab aber das kleine Rickenkitz wurde nicht mehr aufgesucht. Ohne menschliche Hilfe gab es auch in diesem Fall keine Chance. Obwohl wir wussten, was eine Kitzaufzucht bedeutet, nämlich viele schlaflose Nächte und Verzicht auf ein Privatleben außerhalb des eigenen Hofs nahmen wir auch diesen Notfall an.
Mittlerweile sind beide putzmunter und wir bereuen es keine Sekunde sie aufgenommen zu haben. Spannend wird es im Herbst, wenn wir beginnen, beide schrittweise in die Freiheit zu entlassen.
Wer mehr von Lotte und Charlie oder Details zu unserer Kitzrettung sehen möchte findet einen spannenden Film zum Thema auf dem FRANKONIA YouTube Kanal: Video Kitzrettung mit Wärmebild
Waidmannsheil aus unserem heimischen Revier vom team winz!
2 Antworten
Gut gemacht.Ihr habt Lob verdient.
Vielen lieben Dank vom Team winz