Jagd ohne Hund ist Schund. Dieses vermeintliche Klischee hört man gerade jetzt, wo die Drückjagdsaison vor der Tür steht, regelmäßig im jagdlichen Umfeld. Hunde leisten für uns Jäger Herausragendes, arbeiten Schweißfährten aus, finden und bringen uns geschossenes Niederwild, stöbern, stehen vor. Sie sind manchmal hochspezialisiert, manchmal Allround-Talente. Doch von nichts kommt nichts. Gerne wird übersehen, wie viel Arbeit, aber auch wie viel ehrenamtliches Engagement und wie viel Politikum in der Hundearbeit steckt. FRANKONIA hatte die Ehre, dieses Jahr zwei Zuchtausleseprüfungen deutscher Vorstehhunde zu begleiten und bei der 89. Hegewald für Deutsch Drahthaar im badischen Iffezheim sowie bei der 54. Schorlemer-Herbstzuchtprüfung für Deutsch-Langhaar im unterfränkischen Volkach einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.
Einordnung von Hegewald und Schorlemer
Sowohl die Hegewald als auch die Schorlemer finden nach den klassischen Herbstzuchtprüfungen (HZP) jährlich im Oktober statt. Die Hunde sind dann circa 1,5 bis 2 Jahre alt. Verschiedene Voraussetzungen, wie zum Beispiel gesundheitliche Untersuchungen, das Erfüllen der Zuchtvorgaben oder Mindestpunktzahlen bei vorgelagerten Prüfungen qualifizieren die Junghunde – je nach Rasse – zur Teilnahme an der „Champions League“, der Zuchtausleseprüfung. Im Vergleich zu den Anforderungen bei der regulären HZP unterscheidet sich die Schorlemer HZP durch das Zusatzfach Form und Haar. Bei diesem wird geprüft, ob der Hund gewisse Zuchtkriterien erfüllt, um den Rassestandard zu bewahren.
Was ist eine „reguläre“ HZP?
Bei der HZP werden die natürlichen Fähigkeiten des Junghundes bewertet, um seine Eignung für den vielseitigen Jagdeinsatz und als Zuchthund zu bestimmen. Die Ausbildung des Junghundes in der Feld- und Wasserarbeit ist bis dahin im Wesentlichen abgeschlossen. Folgende Fächer werden geprüft:
I. Anlagefächer:
1. Spurarbeit
2. Nase
3. Suche
4. Vorstehen
5. Führigkeit
6. Arbeitsfreude
7. Wasserarbeit
II. Abrichtefächer:
8. Federwildschleppe
9. Haarwildschleppe
10. Art des Bringens
11. Gehorsam
Neben dem Wesen des Hundes werden zudem die Jagdarten (sichtlaut, spurlaut, fraglich, stumm, waidlaut), das Verhalten des Jagdhundes (Schussfestigkeit, Scheue oder Ängstlichkeit) sowie körperliche Mängel und der Gehorsam überprüft. Hunde, die stark schussempfindlich, schuss- und hand- oder wildscheu sind, sowie solche, die so genannten Anschneider, starke Knautscher oder Totengräber sind, können die Prüfung nicht bestehen.
Auf der entsprechenden Zuchtausleseprüfung darf der Hund dann, analog zu obigen Fächern, erneut zeigen, was er kann, und sich mit den Besten seiner Rasse messen.
Während bei den Deutsch-Langhaar die Hasenspur bereits mit der Verbandsjugendprüfung (VJP) abgegolten ist, wird bei den Deutsch Drahthaar auf der Hegewald nochmals Wert darauf gelegt, die Spurarbeit auf einer frischen Hasenspur abzuprüfen.
89. Hegewald für Deutsch Drahthaar – Der Hund weiß, wer der „Alpha“ ist
Die 89. Hegewald fand mit 172 gemeldeten Hunden vom 2. bis 5. Oktober 2024 im badischen Iffezheim statt. Namensgeber für diese Auswahlprüfung ist Sigismund Freiherr von Zedlitz und Neukirch alias Hegewald, der geistige Vater brauchbarer Jagdhunde (Quelle: Prof. Dr. Dieter Birnbaum, https://www.vereindeutschdrahthaar.de/verein/).
Für eine Mitarbeiterin von FRANKONIA ging es mit Christopher von Dollen, Berufsjäger und erfahrener Hundeführer und -züchter des Zwingers „von der bewaldeten Düne“ in die Prüfung. Sein Hund, Alpha III vom Bandorfer-Forst, kurz Alf, durfte an Tag 1 sein Können im Feld unter Beweis stellen. Gut gehegte Feldreviere mit viel Niederwild und Revierführer, die bereit sind, ihre „gute Stube“ für Prüfungen zur Verfügung zu stellen, sind ein essenziell für qualitative Hundearbeit – nicht zu vergessen, die vielen anderen Zahnrädchen in einer derartigen Prüfung (ehrenamtliche Richter, Organisatoren, Kräfte in der Suchenzentrale etc.).
Tag 1: Feldarbeit
Der Donnerstagmorgen begann mit einer längeren Fahrt in das zugewiesene Feldrevier. Neben Christopher von Dollen mit „Alf“ waren Edmund Köppl, ein Veteran in der Hundearbeit, mit seiner Hündin Hanka II vom Bründlfeld sowie eine Novizin, die ihren ersten Hund, Carl-Gustav vom Osternheuland, auf ihrer ersten Hegewald führen durfte, mit von der Partie. Nach einer Ansprache der Richterobfrau und nach der Chip-Kontrolle wurden die drei Hunde bis spät in den Nachmittag hinein in Schussfestigkeit, Suchen und Vorstehen sowie Nasenarbeit und Bringen geprüft.
Ein Thema, das sowohl bei Hundeführern als auch Richtern und Obleuten reghaft diskutiert wurde, war ein Drohnenteam, das die Richter per Funk zu den Hasen lotste, um sie für die Ausarbeitung der Spur hochzumachen. Klassisch findet man Hasen zur Hegewald mit einer Streife. Bei der Arbeit mit der Drohne konnte jedoch wild- und hundeschonender, sowie deutlich effizienter gearbeitet werden. Die Nachteile: Das Wesen des Hundes wird weniger sichtbar als beim Streifelaufen. Und wo vorher niemand wusste, dass ein Hund beim Stöbern einen Hasen „überlaufen“ hat, hatten die Richter mit Drohne einen Informationsvorteil. Am Ende des Feldtages bestanden alle drei Hunde den ersten Prüfungsabschnitt.
Tag 2: Schussfestigkeit und Verlorensuche im Rahmen der Wasserarbeit
Am Wasser dürfen Hundeführer ihren Hunden mit einem Steinwurf „helfen“, die Ente zu finden, indem sie das Geräusch einer herabfallenden Ente imitieren. Zweifach darf derartig eingewirkt werden, jedes Mal allerdings prädikatsmindernd. Tag zwei startete für Christopher von Dollen daher mit der Suche nach einem Stein. Solange er den in der Tasche hat und ihn nutzen könnte, so seine Überzeugung, braucht er ihn nicht. Der Deutsch-Drahthaar-Führer hat seinen eigenen Prozess: Erpel, erklärte er, seien ihm lieber als weibliche Stockenten, da man erstere besser sehen kann. Auch nehme er für jede der beiden Disziplinen am Wasser eine neue Ente, die der Hund vor der Prüfung nochmal im Fang halten darf (er soll sich mit der Ente vertraut machen, damit er nachher weiß, was er zu holen hat).
Beide Enten apportierte Alf hervorragend, bevor es an die lebende Ente ging. Bei Alf zeigte sich die Ente wenig motiviert, weshalb Christopher von Dollen trotz sehr guter 10 Punkte enttäuscht war. Er kennt seinen fokussiert arbeitenden Hund und sein Potenzial und hatte dadurch auf die glorreiche 12 gehofft, doch die Ente muss erfahrungsgemäß ebenfalls bei der Prüfung mitspielen, damit der Hund sein Potenzial ausschöpfen und eine höherwertigere Prüfungsleistung zeigen kann. In einigen Bundesländern ist es aus tierschutzrechtlichen Gründen nicht mehr erlaubt, den Hund an der lebenden Ente auszubilden. Für die Ausübung einer waidgerechten Jagd mit einem geprüften, brauchbaren Hund fahren Hundeführer daher beispielsweise aus Hessen nach Bayern, um sicherzustellen, dass ihre Hunde sauber auf die Wasserarbeit vorbereitet sind. Hier zeigt sich das unermüdliche jagdliche Engagement der Hundeführer. Und ein Politikum des Tierschutzes.
Direkt nach der Wasserarbeit ging es zum letzten Prüfungsteil, Form und Haar. In welcher Reihenfolge die Teile zu absolvieren sind wird gelost. Christopher von Dollen wäre diese Prüfung als erste lieber gewesen, da der Hund nass und nach zwei Tagen harter Arbeit natürlich anders aussieht als zu Beginn der Prüfung. Trotzdem: Alf holte überall ein „sehr gut“ und hat in allen Prüfungsteilen bestanden.
Am Abend wurden die Platzierungen und Zensuren verkündet: Platz 33 für Christopher von Dollen mit Alf. Gewonnen hat Hermann Hellwinkel, der mit seinem Hund aus eigener Zucht, Drago IV vom Spanger-Forst, den einzigartigen Rekord eines vierten Hegewald-Sieges aufstellte – eine beeindruckende Leistung auf seiner persönlich 40. Hegewald.
Tag 3: Zuchtschau und Siegerehrung
Christopher von Dollens letzte Aufgabe war es, mit Alf an Tag 3 bei der Zuchtschau zu laufen, bei der die diesjährige Auslese von einem großen Fachpublikum begutachtet wurde – immerhin sind begeisterte Interessenten für Hunde extra aus den USA angereist.
Am Abschlussabend fasste Karl Walch, Präsident des Jagdgebrauchshundverbandes, die besondere Tragik der Hegewald in seiner Rede zusammen: „Die Hegewald zu gewinnen bedeutet nicht nur unverschämtes Glück, sondern es heißt auch, kein Pech zu haben“. Vermutlich hätte ein größerer Teil der angemeldeten Hunde die Hegewald gewinnen können. Kooperative Enten, „richtig“ hoppelnde Hasen, gute Wind- und Wetterverhältnisse sowie wohl gesonnene Richter spielen eine nicht zu verachtende Rolle in der Gesamtwertung.
Für Alf ging es nach der Hegewald direkt in die Vorbereitung zur Verbandsgebrauchsprüfung (VGP) am 26. und 27. Oktober, die er als Suchensieger mit Höchstpunktzahl absolvierte. Wir wünschen seitens FRANKONIA herzlichen Glückwunsch zu diesem Erfolg!
54. Schorlemer HZP für Deutsch-Langhaar – Leidenschaft verbindet
Der Name „Schorlemer“ stammt von Freiherr von Schorlemer-Alst, der 1893 den „Club Langhaar“ im westfälischen Münster gründete (Quelle: Karl Walch, https://www.club-langhaar.de/rasseportrait.php). Die 54. Schorlemer HZP wurde in Gedenken an den langjährigen Hauptzuchtberater des Süddeutschen Club Langhaar und ehemaligen Vorsitzenden des Deutsch-Langhaar-Verbands, Leonard Schmieg, ausgerichtet. Für Bianka Tauber und ihre Deutsch-Langhaar Hündin Hanni von Freijäger war es die erste Schorlemer. Umso mehr freuen wir von FRANKONIA uns, dass wir die beiden vom 10. bis 13. Oktober auf der Schorlemer begleiten durften. Die Schorlemer ist deutlich kleiner als die Hegewald, gemeldet sind 36 Hunde, was eine Entzerrung der Prüfungen erlaubt. Auch hier: Die Stimmung war herzlich und gelöst. Leidenschaft verbindet.
Tag 1: Form und Haar
Bei der Schorlemer durften die Hunde bereits an Tag 1 in der Reithalle im unterfränkischen Grafenrheinfeld zeigen, wie schick sie sind, bevor es für sie an die harte Arbeit in Feld und Wasser ging. Bianka Tauber und Hanni waren aufgeregt, machten ihre Sache aber hervorragend und schnitten in allen drei Werten (Typ, Form und Haar) mit einem „sehr gut“ ab.
Tag 2: Feldarbeit
Der Revierführer, selbst ein überzeugter Drahthaarbesitzer und Verbandsrichter, stellte gleich mehrere Reviere für die Prüfungen zur Verfügung – liebevolles Sticheln gegen die „falsche Rasse mit zu langen Haaren“ inklusive. Doch es zeigte sich der Zusammenhalt der „Hundemenschen“. Richter und Revierführer setzten alles daran, den Hunden genügend Möglichkeiten zu geben, ihr Können unter Beweis zu stellen. Die Prüflinge: drei Hunde, aber nur zwei Führer. Der besonderen Herausforderung, gleich zwei Hunde auf einer Prüfung zu führen stellen sich nur erfahrene Profis! Thomas Watermann führte den zweiten Hund für einen Freund.
Die Fülle des vorgefundenen Niederwildes in den Revieren erlaubte den Vorstehhunden, ihre brillanten Leistungen bei der Nasenarbeit zu zeigen. Lediglich der Hase – auf der Hegewald ein gern gesehener Gast – machte den Vorstehern im Feld manchmal einen Strich durch die Rechnung. Hanni kam unter ungünstigen Bedingungen mehrfach an Hasen, die sie enthusiastisch sichtlaut jagte. Neben der hervorragenden Vorstehleistung konnte somit auch dieses Prädikat nochmals als erfüllt bestätigt werden. Bianka Taubers Nerven lagen währenddessen blank, denn auch die Nähe zur Straße ist in so einer Situation ein großer Angstfaktor. Gott sei Dank ging alles gut und Hanni kehrte freudig und mit sehr guten Bewertungen am Abend eines langen und aufregenden Tages zurück in die Suchenzentrale.
Tag 3: Wasserarbeit mit „einer dicken Elf!“
Am dritten Tag ging es endlich ans Wasser. Dank der großzügigen Erlaubnis von Richterobmann Karl Walch durften wir von FRANKONIA bei Hannis Arbeit an der lebenden Ente live dabei sein. Weg war Hanni, die komplett selbstständig und mit enormem Willen, die Ente zu finden, vor Arbeitsfreude nur so sprühte. Einen Vorstehhund haben heißt auch, mit sich und seinen Nerven beim Warten manchmal allein zu sein. Ihre feine Nase lenkte die Deutsch-Langhaar-Hündin aus dem Wasser in den Wald. Hanni wusste genau, was sie tat. Schlussendlich kam die erfolgreiche Jägerin frohgemut mit der Ente im Fang wieder – laut Karl Walch „eine dicke Elf“.
Bianka Tauber und Hanni kamen beide nass vom Wasser zurück: Die eine war schwimmen, die andere hatte das ein oder andere Freudentränchen im Auge. Als das Gespann dann auch noch den fünften Platz belegte, fiel die Anspannung komplett ab – eine Wahnsinnsleistung, zumal Bianka Taubers Ziel „einfach nur bestehen“ war. Gewonnen hat Winfried Edelmann mit 196 Punkten und seinem Hund Onko von Horum – herzlichen Glückwunsch zu dieser Leistung!
Bevor es in die geplante Zucht geht, wünschen wir von FRANKONIA Bianka Tauber mit Hanni viel Erfolg für die anstehende VGP im nächsten Jahr!
Hier geht es zu den Prüfungsergebnissen der beiden Zuchtausleseprüfungen:
89. Hegewald (2024) für Deutsch Drahthaar (Quelle: Verein Deutsch-Drahthaar e.V.)
4 Antworten
Ich bin sehr erfreut über Ihren Artikel der Schorlemaprüfung und der schönen Fotos, die Sie in Begleitung bei der Prüfung meiner Tochter Bianka Tauber gemacht haben.
Es ist super dass die Frankonia so engagiert im Jagdgebrauchshundewesen ist und nicht nur durch solche Fachbeiträge die Prüfungen unterstützt! Danke für euer Engagement!
Vielen Dank an Euch, das Ihr das wertvolle Hundewesen als Sponsor so tatkräftig unterstützt. Klasse weiter so!!! Die Begleitung bei den Prüfungen war eine tolle Sache. Dankeschön
Ein herzliches Dankeschön an Frankonia für den Bericht über die Hegewald 2024! Solche Öffentlichkeitsarbeit ist von großer Bedeutung, um die Arbeit mit Jagdhunden einer breiten Öffentlichkeit näherzubringen. Ebenso ist Sponsoring eine wertvolle Unterstützung für Veranstaltungen wie diese, da es die Durchführung und den Erhalt dieser wichtigen Tradition fördert.