Jägerin des Monats: Sarah Wirtz

Ich bin Sarah, 35 Jahre alt und durch mein Studium zur Jagd gekommen. 

Ich habe an der Universität Trier Biogeographie studiert und 2010 meine Bachelorarbeit zur Populationsgenetik des rheinland-pfälzischen Rotwildes geschrieben. Dabei bin ich durch ganz Rheinland-Pfalz gefahren und habe Gewebeproben gesammelt, um diese danach im Labor zu untersuchen. In dieser Zeit wurde ich zu vielen Jagden eingeladen und konnte mir so ein Bild, von dem bis dahin für mich völlig fremden Handwerk Jagd machen. 

Grundlagenarbeit angesichts der genetischen Verarmung unserer Rotwildbestände: Sarah schrieb ihre Bachelorarbeit zur Populationsgenetik des rheinland-pfälzischen Rotwildes.
Zeit für ein gesundes Lebensmittel (Foto: Jonathan Fieber)

Ungetrübter Fleischgenuss als Grund für den Jagdschein

Zuvor habe ich knapp sieben Jahre lang kein Fleisch gegessen, da ich viele Aspekte der konventionellen Fleischproduktion ablehne und nicht möchte, dass ein Tier für meinen Fleischgenuss leiden muss. Durch die Eindrücke, die ich im Rahmen meiner Bachelorarbeit gesammelt habe, habe ich erkannt, dass die Jagd für mich eine Möglichkeit sein kann, auf eine für mich faire und ethisch korrekte Art und Weise Fleisch zu beschaffen. Also habe ich im Frühjahr 2014, nach einem knapp achtmonatigen Kurs in der Kreisgruppe, die Jägerprüfung abgelegt. Mein Umfeld hat erstmal etwas erstaunt geschaut, da die Jagd in meiner Familie keine Tradition hatte bzw. nie eine Rolle gespielt hat. Mittlerweile genießen sie die Vorzüge und freue sich über regelmäßige Fleischlieferungen. 

Die Passion zum Beruf gemacht

Heute kann ich meine Passion mit meinem Job verbinden. Ich arbeite seit 2017 beim Landesjagdverband Rheinland-Pfalz e. V. und betreue dort verschiedene Projekte in den Bereichen Wildtiermonitoring und Naturschutz. Meine Freizeit verbringe ich am liebsten draußen, in der Natur. Ich führe eine Bracco italiano Rüden, Horton, mit der mich immer begleitet – lange Wanderungen, Revierarbeit, Gesellschafts- oder Ansitzjagd, Horton ist immer dabei. Nachdem wir gemeinsam alle jagdlichen Prüfungen bis zur VGP durchlaufen haben, habe wir uns Anfang diesen Jahres eine weitere Herausforderung gesucht und die erste von drei Prüfungen zum anerkannten Kadaversuchhundeteam in Baden-Württemberg erfolgreich absolviert. Horton beim Arbeiten zuzusehen und zu wissen, sich zu 100 % auf seine Nase verlassen zu können, ist eine pure Freude. 

Lebensfreude und „Kadavergehorsam“: Horton (Foto: Lena Rausch)

Königliches Engagement für die Jagd von morgen

Wie wichtig es ist, über die Jagd zu sprechen und mit Nichtjägern in Kontakt zu treten, habe ich verstanden, als ich im Jahr 2016 für zwei Jahre das Amt der rheinland-pfälzischen Jagdkönigin übernommen habe. Ich habe versucht, diesen etwas altmodisch anmutenden Titel mit Leben zu füllen und mich dabei eher als Botschafterin der Jagd verstanden. In dieser Zeit habe ich viele interessante Menschen kennengelernt und konnte bei dem ein oder anderen Verständnis und sogar Interesse für die Jagd wecken. Neben Job und Jagd engagiere ich mich in meiner Kreisgruppe. Ich bin dort stellvertretende Vorsitzende und versuche die Interessen der älteren, traditionellen Jäger mit denen der stetig wachsenden Zahl an Jungjägern zu vereinen. Die Arbeit ist sehr zeitintensiv und die Aufgaben sind vielfältiger, als man vielleicht denkt, aber ich finde es wichtig, sich als Jäger im Verband – in unserer Interessensvertretung – zu engagieren, damit man die Jagd von morgen aktiv mitgestalten kann.

Botschafterin der Jagd: Sarah als rheinland-pfälzische Jagdkönigin 2016–2018 (Foto: Landesjagdverband Rheinland-Pfalz e.V.)

Der Blick über den Tellerrand

Das es, besonders europaweit, noch einige, jagdlich dicke Bretter zu bohren gibt, habe ich spätestens bei meiner Promotion verstanden. Mit viel Herzblut und finanziellem Aufwand haben ich zur Populationsgenetik des in Europa ausgestorbenen Waldrapp geforscht, der seit 2014 aktiv in den Alpen wiederangesiedelt wird. Von Hand aufgezogen, genetisch untersucht und mit über viele Monate an die Zugroute gewöhnt, fallen 31 % der migrierenden Waldrappe der illegalen Jagd in Italien zum Opfer. Dabei ist der Waldrapp sicherlich nur ein Stellvertreter für eine unglaublich hohe Zahl an Zugvögeln, die jährlich völlig sinnlos „vom Himmel geholt werden“. Es macht also durchaus Sinn, Jagd größer zu denken, denn da muss sich definitiv etwas ändern. 

Lass die Ohren nicht hängen: Gleich geht’s wieder raus ins Revier (Foto: Christian Belzer)

Welche Waffe führst du und warum?

Ich führe einen klassischen 98er Repetierer im Kaliber 8×57 IS mit Schalldämpfer. Ich habe mich für das 98er-System entschieden, weil dieses einfache und robuste System mir bei der Jagd einfach ein gutes Gefühl gibt. Mit der klassischen Dreistellungssicherung ist das 98er-System für mich eines der sichersten. 

Auch als Waffenmodel macht Sarah eine gute Figur (Foto: Christian Belzer)

Welche Munition bevorzugst du und warum?

Ich schieße bleifreie Munition. Bin aber bzgl. des Herstellers nicht festgelegt. Aktuell eher zufällig RWS

Womit gehst du immer zur Jagd? 

Ohne mein Fernglas, das Steiner Ranger Xtreme 8×56 gehe ich nicht aus dem Haus. Meine Mutter und mein Bruder haben mir dieses Glas geschenkt, als ich kurz vor der Jägerprüfung stand, seitdem ist es mein fester jagdlicher Begleiter. Sobald ich mich auf dem Hochsitz eingerichtet habe, glase ich die Fläche ab und weiß so ganz genau, was gerade los ist. 

…. und natürlich Horton …

Mein Hund Horton begleitet mich immer zur Jagd. Entweder legt er sich unter den Hochsitz und wartet mucksmäuschenstill, bis ich wieder abbaume oder er wartet geduldig im Kofferraum darauf, dass ich den Ansitz hoffentlich erfolgreich beende und er mit mir gemeinsam das erlegte Stück begutachten darf.  

Was wird deine nächste jagdliche Anschaffung?

Meine nächste Anschaffung wird hoffentlich ein elektronischer In-ear-Gehörschutz sein. Ich möchte mich auf der Jagd, besonders bei der Jagd mit der Flinte jederzeit frei bewegen können und dabei trotzdem mein Gehör optimal schützen. 

10 Antworten

  1. Danke SARAH WIRTZ für Dein tolles Engagement.
    So sollte sich die Jagd in der Öffentlichkeit darstellen!
    Weiter mit diesem Elan für Wald und Wild! Wünsche Dir viel Freude an der Natur, Deiner Passion und den hoffentlich vielen und interessanten Anblicken, draußen im Revier!
    Möchte in diesem Zusammenhang auf die derzeit laufende Petition „HIRSCHKUH HANNA LERNT FLIEGEN!“ hinweisen und darum bitten, diese massiv weiter zu verbreiten und mit vielen Unterschriften, von Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten zu unterstützen.
    Direkter link: https://www.rettet-das-rotwild.de
    Jeder kann diese Petition unterschreiben (man nicht aus Bayern sein!) und damit dem Rotwild in Bayern helfen!
    Guten Anblick und herzliche Grüße aus dem Berchtesgadener Land
    Ludwig Fegg

  2. 👍
    Top,mit Verlaub… wir brauchen noch viel mehr Frauen auch im Jagtgeschen/Jagtscheinbesitzerin,aktiv/sehr anganiert…
    🦌🐾u…u. …
    meine Gratulation/Respekt/Achtung – …
    Danke; –

  3. Hallo Sarah,
    derart engagierte Frauen, ob in der Forschung, in der Organisation und natürlich bei der Jagd wie Sie es praktizieren wünsche ich mir noch mehr. Davon kann sich so mancher männliche Jagdkamerad eine dicke Scheibe abschneiden.
    Insofern wünsche ich Ihnen noch viel Erfolg auf Ihrem weiteren Lebensweg, viel Freude bei der Ausübung Ihrer Passion und natürlich Waidmannsheil.
    Helmut Beumers

  4. Respekt und Anerkennung- auch aufgrund solcher engagierter Jägerinnen wie Sarah steigt der Anteil der Jägerinnen.
    Nicht nur das gesunde Wildbret, auch die Naturpflege und Hege stehen hier im Fokus.

  5. Eigentlich hatte ich gehofft, am Sonntag nach Ostern möglichst wenig Menschen im Wald anzutreffen, aber dem war nicht so. Sie stromerten überall, auf Wegen und im Bestand, manchmal sogar mit Hund, herum. Darauf angesprochen begegnete ich vollem Unverständnis ob meiner Bemerkungen und erklärenden Hinweisen.
    Ich war bisher eigentlich der Meinung, dass die Öffentlichkeit durch die unterschiedlichsten Informationen weitgehend informiert ist, dass
    ein Herumlaufen zwischen den Waldbäumen unerwünscht ist. Nicht nur werden Schäden an Jungpflanzen gemacht, sondern auch das Wild unnötig
    gestört wird.
    Das Spaziergehen auf Waldwegen ist selbstverständlich erlaubt. Was kann man nur machen, um Menschen das Betreten der Waldbestände erklärend zu untersagen.

    1. Vielleicht haben viele Menschen trotz der allgegenwärtigen Jagdpropaganda – die Sie hier Öffentlichkeitsinformation verkaufen möchten – durchschaut und lassen sich auch durch das selbstgerechte Auftreten so manchen Jägers nicht mehr einschüchtern. Aus meiner Sicht eine gute Entwicklung. Und noch etwas: Sie haben niemanden anszusprechen und auf angebliches Fehlverhalten hinzuweisen. In Deutschland ist es nicht verboten, sich auch abseits der Wege zu bewegen. Ob Ihnen das nun gefällt oder nicht. Und bevor Sie und Ihre Jagdkollegen von irgendjemandem Rücksicht fordern, fangen Sie bitte an, vor der eigenen Tür zu kehren. Der größte Störfaktor für die Tiere im Wald ist und bleibt die Jagd. Auch wenn man sich das in Jägerkreisen gerne schönredet…Und nochwas: Sie können gar nichts machen, sondern haben andere Naturnutzer in Ihrem Jagdrevier zu tolerieren. Falls Sie das nicht können, sollten Sie sich vielleicht ein anderes Hobby suchen.

    2. Sehr geehrter Herr Graf,

      vielleicht beginnen Sie erstmal damit der modernen Agrarinustrie ihr „desaströses Agieren“ zu veranschaulichen; dann bekommen Sie ja vielleicht schon ein paar Ideen, wie Sie mit dem „naturunkundigen Bürger“ umgehen können. Wenn Sie es schaffen, dass die moderne Agrar- und Forstindustrie ihre Hausaufgaben macht, dann wird es für das Wild bestimmt genug Lebens- & Rückzugsraum geben, so das „herumstromernde“ Bürger ein eher kleines Problem darstellen.
      Aber natürlich ist der „Wald“ der Spielplatz des Adels seit alten Zeiten …

      Denken sie einmal darüber nach !

  6. „Die Passion zum Beruf gemacht“

    Wichtigste Grundlage für Glaubwürdigkeit ist der Eindruck, dass sich Reden und Handeln decken. Genau das ist es, was dieser Bericht über Dr. Sarah Wirtz ausstrahlt.
    Als Argumentations- und Handlungsgrundlage haben Erkenntnissen der Wildbiologie in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen, vor allem auch im gesellschaftlichen Diskurs zur Jagd.
    Dr. Sarah Wirtz ist geradezu prädestiniert für den Einsatz als Botschafterin für die Jagd, ob als „Jagdkönigin“ oder als Mitarbeiterin im Jagdverband.
    Dem Landesjagdverband Rheinlandpfalz kann man zu dieser Wahl nur gratulieren!

    P.S.: Der Text ist so bereichernd, dass man sogar die von FANKONIA eingeflochtene (Schleich-) Werbung unbeschadet erträgt! 😊

    1. 😂😂😂

      Zum Kommentar von Herrn Bertram Georgii:

      Nachdem der Autor der vorhergehenden Beitrages unter dem Pseudonym „Salbeigeist“ schreibt, ist es naheliegend, dass sich die Bemerkungen von Herrn Georgii auf diesen Text beziehen….

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