Mein Name ist Lena Rausch und ich bin 26 Jahre alt. Obwohl ich mit der Jagd groß geworden bin, habe ich meinen Jagdschein erst im Alter von 20 Jahren gemacht. Ich erinnere mich an viele Jagdabenteuer, die ich als Kind mit meiner Mutter erlebt habe und die Worte anderer Mitjäger, dass ich sicherlich mit 16 direkt den Jugendjagdschein machen würde. Doch mit der Pubertät kam der Zweifel daran, ob das denn alles so richtig sei mit der Jagd und dem Töten.
Konventionelles Fleisch aß ich immer weniger, also wurde ich kurzerhand für mehr als drei Jahre zur Veganerin. Ist man erstmal in dieser Bubble und informiert sich genügend über die jeweiligen Haltungsbedingungen, kann man eigentlich nur zu dem Entschluss kommen, konventionelles Fleisch und die damit verbundenen Systeme nicht unterstützen zu wollen. Damit war das Thema für mich abgehakt, denn wer sich für Tiere einsetzt, kann diese unmöglich töten oder auf der Jagd erlegen und sie sogar mit Genuss verzehren, dachte ich mir.
Die Jagd hat ihre Berechtigung
Doch das ist zu einfach gedacht, denn in unserer Kulturlandschaft gibt es nun mal Verlierer und Gewinner. Dort, wo verschiedene Interessen aufeinandertreffen, gibt es auch immer einen Konflikt. Das ist überall dort der Fall, wo Wildtiere und wirtschaftliche Interessen in ein vermeintliches Gleichgewicht gebracht werden müssen. Kurz gesagt: mit hinreichenden Informationen über Arten- und Naturschutz, kann man nur zu dem Fazit kommen, dass Jagd in unserer Gesellschaft fest verankert ist, ihre Berechtigung hat und
auch künftig nicht wegzudenken ist, wenn wir uns auch in Zukunft noch am Anblick von Rebhuhn, Kiebitz, Muffel und gesundem Rotwild erfreuen wollen.
Im Jahr 2018 war es dann so weit und ich habe meine Jägerprüfung, nach einem lehrreichen Kurs in meiner Kreisgruppe, erfolgreich abgelegt. Ein Jahr später ist dann auch schon mein Deutsch Drahthaar Hugo eingezogen. Gemeinsam haben wir schon so einiges erlebt: Ich habe ihn zu einem brauchbaren Jagdhund ausgebildet, wir haben viel zusammen gejagt und sind zweimal quer durch Deutschland gezogen. Apropos weite Entfernung: Unser nächstes Ziel ist die Langschleppenprüfung. Er ist ein richtiger Charakterkopf. Das Einzige, was er mehr liebt als Dackel, ist wohl die Arbeit am Wasser.
Jagen verbindet
In den letzten Jahren habe ich viele Jägerinnen und Jäger kennenlernen dürfen, die zum Teil nicht unterschiedlicher sein könnten: alt und jung, groß und klein, erfahren oder frisch gebackene Jungjäger und Jungjägerinnen, vom Land und aus der Stadt. Die Liste könnte noch ewig weitergeführt werden. Doch sie alle hat etwas verbunden: zum einen die Liebe zu ihren Jagdhunden, wenn sie einen führen, und zum anderen der Hang, in schönen Erinnerungen rund um die Jagd zu schwelgen. Die Jagd als gemeinsame Passion verbindet. Durch die Jägersprache heben sich die Dialoge auch von den Alltagsgesprächen ab und ein gemeinsamer Nenner ist immer schnell gefunden.
Die Jägerinnen, die ich in den letzten Jahren kennengelernt habe, sind alle unterschiedlich und doch verbindet sie eine Passion: die Jagd.
„Ich möchte Erinnerungen geschaffen haben.“
Die Jagd entwickelt sich ständig weiter, jede Generation bedient sich der Mittel ihrer Zeit. War das Handwerk damals rauer und war man als Jäger noch mehr auf die Mondphasen angewiesen, kann heute durch entsprechende Technik sicherer und unabhängiger angesprochen werden. Dabei muss technischer Fortschritt nicht gleich die Trennung von alten Werten bedeuten. Im Gegenteil, Jagd vereint Tradition und Moderne. Wir sind eine Gemeinschaft, verbunden über Länder- und Altersgrenzen hinweg, wir sind Jagdfreunde. Genau das möchte ich festhalten. Wenn einmal die Beine zu schwer werden für den letzten Ansitz, möchte ich Erinnerungen geschaffen haben. Nicht nur für mich.
Jagdfreundebuch
Ich habe letztes Jahr aus Spaß ein Jagdfreundebuch designed. Ein Freundebuch, wie zur Grundschulzeit, mit Klassikern wie Name, Geburtstag und Sternzeichen. Es geht aber natürlich auch um die Jagd, das erste Stück, was auf dem Ansitz nicht fehlen darf und Gemeinschaft. Auf mehreren Seiten lassen sich Jagdlieder sammeln, lustige Sprüche festhalten oder auch eine anonyme Strichliste ausfüllen (wer hat schon einmal Schleppwild im Auto oder die Munition zuhause vergessen?).
Abschiedsfotografie
Werde ich gefragt, was ich am liebsten fotografiere, antworte ich, am liebsten seien mir Jagd und Jäger. Ich reise durch Deutschland, lerne Menschen, Reviere und ihre Besonderheiten kennen, trage Erlebnisse und Geschichten weiter und halte sie fest. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, vor allem dann, wenn einem die Worte fehlen. Eines Jägers schwerste Stund‘ kommt mit dem Tod von seinem Hund – ein Spruch, der bittere Wahrheit beinhaltet.
Wenn der Abschied absehbar wird und das Unaufhaltbare kommt, freue ich mich, letzte Erinnerungen festhalten zu dürfen. Auch wenn das im ersten Moment fürchterlich traurig klingt, sind diese Fotoshootings immer gefüllt mit Geschichten und Lachen. Natürlich fließen zwischendurch auch mal ein paar Tränchen, aber es wird jedes Mal deutlich, wie sehr unsere Jagdhunde geliebt werden. Wie Schweiß und Arbeit ein festes Band zwischen Mensch und Tier knoten.
Natürlich fotografiere ich nicht nur Abschiedsbilder. Ich begleite Jagdwochenenden mit Freunden, Einzeljagden und auch sehr gerne Beizjagden mit meiner Kamera. Dabei ist es immer wieder schön zu sehen, wie Menschen, die anfangs immer beteuern, wie unfotogen sie seien und wie selten sie vor der Kamera stünden, am Ende glücklich sind, eine Erinnerung an einen schönen Tag zu haben. Keiner ist unfotogen oder sieht schlecht auf Bildern aus, auf denen er tut, was er liebt und seine Passion auslebt. Dabei ist es egal, ob es das Beschicken einer Rebhuhnfütterung, das Zubereiten von Wild mit Freunden, die Pirsch im Regen mit dem Partner oder das Aufbrechen im Scheinwerferlicht ist.
„Jagd besteht nicht nur aus dem Erlegen.“
Die Jagd ist in ihrer Gesamtheit facettenreich und besteht nicht nur aus dem Erlegen. Genau das sollten wir auch nach außen tragen. Das sind wir diesem Handwerk und den Jägerinnen und Jägern vor und auch nach uns schuldig. Wir sind Naturschützer, setzen uns für Tier- und Artenschutz ein. Sei es die Kitzrettung, das Anlegen von Biotopen oder auch die Umweltbildung der Jüngsten in unserer Gesellschaft. Auch wenn diese Themen auf Social Media weniger Anklang und schnellen Zuspruch finden, ist es wichtig sie zu präsentieren.
Zum Schluss möchte ich noch eines sagen: Wir sollten uns alle ein Beispiel an den Jägerinnen in meinem Umfeld nehmen. Sie engagieren sich täglich als Hegeringleiterinnen, Kreisgruppenvorsitzende und Kreisjagdmeisterinnen. Sie besuchen Schulen, forschen und tragen Traditionen, wie beispielsweise das Jagdhornspielen, weiter. Sie bilden Jungjäger aus und sitzen in Prüfungskommissionen. Für mich gab es nie Zweifel daran, ob denn eine Frau auch zur Jagd gehen kann. Das haben mir meine Mutter und ihre Jagdfreundinnen schon immer gezeigt. Ich bin ihr unendlich dankbar, mich für die Jagd begeistert zu haben und von ihr so viel lernen zu dürfen.
Welche Waffe führst du und warum?
Ich führe einen alten 98er, den ich von meiner Mutter nach dem bestandenen Jagdschein übernommen habe. Mittlerweile sind Schaft und Lauf gekürzt und ein Gewinde geschnitten für den Freyr & Devik Schalldämpfer. Darauf ist ein feststehendes Schmidt & Bender 8×56 Glas. Es ist nicht das Neueste, dafür kann ich in jedem Revier die Distanzen immer gut einschätzen – auch ohne Entfernungsmesser. Insgesamt eine sehr kurze, führige Waffe für eine nicht groß gewachsene Jägerin.
Welche Munition bevorzugst du und warum?
Seit Jahren schieße ich die Fox Classic Hunter in 9,7 g. Bleifreie Munition mit minimaler Entwertung um Ein- und Ausschuss überzeugen da einfach auf ganzer Linie.
Womit gehst du immer zur Jagd?
Hugo, mein Drahthaar ist immer im Auto dabei und auf dem Sitz darf mein Fuchs-Muff nicht fehlen. Im Sommer kann man ihn öffnen und als Sitzkissen nutzen, im Winter hält er die Hände schön warm. Zum Aufbrechen möchte ich nicht mehr auf mein Aufbrechmesser von Dick und mein Swingblade (die Fischversion eignet sich viel besser zum Ringeln!) verzichten.
Was wird deine nächste jagdliche Anschaffung?
Meine nächste jagdliche Anschaffung wird vermutlich wieder eine gute Hose sein, die für Jägerinnen bekanntlich nicht so leicht zu finden sind. Deswegen schaue ich beim Kauf darauf, dass sie oben gut sitzt und lasse sie am Ende kürzen.