Gebietsfremde Tierarten können heimische Arten gefährden – vor allem, wenn Beutegreifer kleine Ökosysteme mit begrenztem Lebensraumangebot erobern. Die zusätzlichen Fressfeinde setzen seltene Vögel, Lurche und Reptilien unter Druck. Schutzmaßnahmen können helfen, sie in Schach zu halten.
Blinde Passagiere und räuberische Ausreißer
Viele Tierarten werden durch den Menschen aus ihren ursprünglichen Verbreitungsgebieten auf anderen Kontinenten nach Europa eingeschleppt oder absichtlich eingeführt. Geschah dies nach 1492 und bilden sie hier Populationen, die sich selbst erhalten, spricht man von Neozoen. Invasiv nennt man diese Arten, wenn sie einen negativen Einfluss auf ursprünglich hier vorkommende Arten haben. In den meisten Fällen handelt es sich um kleine Tiere wie Insekten, Krebse, Schnecken oder Muscheln. Ihre Eier und Larven nehmen Menschen auf Reise- und Transportwegen mit, ohne sie zu bemerken. Andere, größere Arten werden oft gezielt eingeführt, um sie wirtschaftlich zu nutzen oder zu jagen. Minke, Marderhunde und Waschbären wurden früher in Pelztierfarmen gehalten, aus denen einige Exemplare entkamen. Waschbären wurden in Hessen in den 1930er-Jahren sogar gezielt ausgesetzt. Längst bilden diese drei Raubsäuger in Deutschland große Bestände. Waschbären und Minke stammen ursprünglich aus Nordamerika, Marderhunde aus Ostasien.
Während der Mink, auch Amerikanischer Nerz genannt, ausschließlich Fische, Kleinsäuger, Jungvögel und Krebse jagt, fressen Marderhund und Waschbär auch Teile von Pflanzen und Früchte. Zum Ärger der Gärtner haben Waschbären eine große Vorliebe für Obst. Alle drei Arten fressen gerne, wie unsere heimischen Raubtiere auch, Gelege und Jungvögel, Amphibien und Reptilien. Kommen die Beutetiere selten oder nur vereinzelt vor, sind die zusätzlichen Fressfeinde eine große Gefahr.
Bedrohte Arten schützen
Mittlerweile haben sich die gebietsfremden Beutegreifer so stark ausgebreitet, dass es unmöglich ist, diese Entwicklung zurückzudrehen. Eine dauerhafte, intensive Bejagung von Marderhunden, Waschbären und Minken kann aber dazu beitragen, dass bedrohte Beutetierarten mehr Jungtiere großziehen können. Horstbäume, auf denen seltene Vogelarten brüten, können mit Schutzmanschetten gegen Waschbären gesichert werden. Dabei ist es wichtig, auch alle Bäume in der unmittelbaren Umgebung zu sichern, denn die geschickten Kletterer können Nester über benachbarte Kronen erreichen. Als Schutzmanschette wird eine stabile, mindestens einen Meter breite Folie, zum Beispiel Teichfolie, oder ein dünnes Blech am Stamm befestigt. Die glatte Oberfläche hindert den Waschbären daran, hinaufzuklettern.
Ökologisch besonders wertvolle Bereiche, wie Teiche oder Rückzugsräume von Reptilien, lassen sich zeitweise durch Elektrozäune schützen, die Waschbär, Marderhund und Mink nicht überwinden können. Dafür eignen sich feinmaschige Elektronetze oder mehrere dicht stehende Litzen, die von Pflanzen freigehalten werden müssen. Am meisten helfen wir bedrohten Arten aber, wenn wir ausreichend große und vielfältige Lebensräume schaffen und erhalten. Meist geht das ganz einfach: Wir müssen nur zulassen, dass sich die Natur möglichst frei entfalten kann.
Haben Sie den Waschbären im Garten?
In Siedlungsgebieten sollten Nahrungsquellen wie offene Mülleimer, Komposthaufen und Katzenfutterstellen für Neozoen unzugänglich sein. Obstbäume mit reifen Früchten werden häufig von ganzen Waschbär-Mutterfamilien aufgesucht und gemeinschaftlich abgeerntet. Damit das nicht passiert, können Sie auch hier Manschetten am Stamm anbringen und dafür sorgen, dass die Krone von Nachbarbäumen aus nicht erreichbar ist. Ein freilaufender Hund hält Obsträuber in der Nacht fern.
Text: Deutsche Wildtier Stiftung
Titelfoto: M. Tetzlaff
Die Botschaft der Wildtiere
Wissen über Wildtiere vermitteln und Menschen für die heimische Natur begeistern – das ist ein wichtiges Ziel der Deutschen Wildtier Stiftung. Mit der Botschaft der Wildtiere öffnet die Stiftung ab dem 31. August 2024 im „roots“ in der Hamburger HafenCity (Update vom 26.07.2024) ein Tor zur Natur. Herzstück ist eine multimediale Dauerausstellung, die Kindern und Erwachsenen die faszinierende Vielfalt der rund 48 000 heimischen Tierarten vor Augen führt – mit einer einzigartigen, interaktiven Dauerausstellung, Deutschlands erstem Naturfilmkino und einer Lernwerkstatt für Schulklassen und Familien.
Ausstellung, Kino und Lernwerkstatt werden zu 100 Prozent aus dem Erbe des Stifters, Haymo G. Rethwisch, finanziert. Kein einziger Spenden-Euro wird dafür ausgegeben. Jede Spende an die Deutsche Wildtier Stiftung fließt ausschließlich in die Naturschutz- und Bildungsprojekte der Stiftung.
Weitere Informationen finden Sie unter: https://www.botschaftderwildtiere.de/
3 Antworten
Finde ich gut, dass Frankonia Texte zum Naturschutz veröffentlicht und klar darstellt, welche Gefährdung von invasiven Arten ausgeht und dabei konkrete Beispiele anführt. Dieses Wissen darum gehört unbedingt in die Jägerausbildung und müsste m.E. auch in der jagdlichen Presse vermittelt werden… 16.07.24
Guten Tag K. Wolbeck,
vielen Dank für Ihr Feedback zum Beitrag. Wir freuen uns sehr darüber!
Jagd hat viele Facetten: Hege, Pflege, Wildbiologie, veterinärmedizinische Themen, Gesetzgebung und u.a. auch Naturschutz. Uns ist es ein großes Anliegen, alle Facetten der Jagd sichtbar zu machen und die Jagd als Ganzes zu betrachten. In diesem Zusammenhang freuen wir uns besonders über die Zusammenarbeit mit der Deutschen Wildtier Stiftung. Ein regelmäßiger Austausch mit Fachexperten ist gut und wichtig – für „unsere“ Wälder und Wildtiere.
Wir geben Ihren Anstoß, mehr über Naturschutzthemen zu informieren und aufzuklären, gerne auch als Anregung an die jagdliche Fachpresse weiter.
Viele Grüße
Ihr FRANKONIA Team
Ich finde den Artikel ebenso wertvoll. In der Ausbildung sind Neozonen, invasive Arten, Jagdschutz ein fester Bestandteil.
Leider sind diese jagdlichen Bezüge in der breiten Bevölkerung nicht bekannt. Die Tierwelt wird sehr verklärt, klischeehaft und verniedlicht oder gar falsch in den Medien, Trickfilmen, etc. nahe gebracht.
Beim Thema Jagd geht es abseits der Fachpresde i.d.R. nicht um eine stabile und gesunde Population, sowie den Schutz von Flora und Fauna.
Da spielen meist das andere Dinge eine Rolle. Kuscheln, Streicheln, etc. und der Jäger will meist töten.