Geißen und Kitze: Früh anfangen!

Von Mai an haben wir uns mit Freude und Ausdauer den Rehböcken (und nebenbei auch den Schmalrehen) gewidmet. Nach dieser sommerlichen Kür sollte von September an ebenfalls mit viel Energie die Bejagung des weiblichen Rehwildes und der Kitze folgen. Für viele ist das ein Pflichtprogramm, doch verantwortungsvolle Jäger sollten sich nicht vor dieser Aufgabe drücken, denn auch sie gehört zur Jagd. Am besten sollte gleich zu Beginn des Monats September diese Aufgabe beherzt angegangen werden.

Ricke und Kitze
Ende August macht diese Rehfamilie keinen sehr vitalen Eindruck. Diesen Platz sollte man sich vormerken

Ein intensiver Einstieg zu Beginn der Jagdzeit hat eine Reihe von Vorteilen: Zunächst mal von den äußeren Bedingungen. Meistens herrschen in diesem Monat noch angenehme Temperaturen. Die Tage sind relativ lang, so dass auch nach Feierabend ein Ausflug ins Revier lohnt. Das Büchsenlicht verliert bis zum Oktober morgens und abends bereits gut eine Stunde (Sonnenuntergang 1. September = 20:11h, 1. Oktober = 19:05h und am 1. November durch die Zeitumstellung = 17:03h). Die Zeiten beziehen sich auf die Mitte Deutschlands.

Ricke+Kitze
Im September sind die Tage noch lang genug, um als „Feierabend-Jäger“ eine Chance zu haben

Als nächster Punkt ist die Situation im Feld zu nennen. Mais und Hackfrüchte stehen noch und bieten auch außerhalb des Waldes Deckung. Zwischenfrüchte können ebenfalls ein Magnet fürs Rehwild bilden. Ein Ansitz in der Nähe dieser Anziehungspunkte, zum Beispiel an der Maiskante, ist deshalb vielversprechend.

Stoppelfelder
Wenn Stoppelfelder nicht gleich umgebrochen werden, bieten sie im September hervorragende Jagdmöglichkeiten

Der Haarwechsel ist bei der Auswahl der Stücke eine gute Ansprechhilfe. Das ist nicht allein eine Frage des Alters – entscheidend ist die Konstitution des Stückes. Wer richtig fit ist, wird sich früh die wärmende graue Winterdecke zulegen. Wer sein rotes Haarkleid dagegen bis weit in den Oktober behält, sollte auf jeden Fall kritisch unter die Lupe genommen werden. Wie auch Kitze, bei denen immer noch Punkte auf der Decke auszumachen sind. Mildernde Umstände sollten allerdings für Mutterstücke gelten, die ihren Energiehaushalt erst noch nach der Jungenaufzucht wieder auffüllen müssen.

Rehe im Haarwechsel
Kitzflecken und später Haarwechsel – nutzbare Hinweise bei der Bejagung des weiblichen Rehwildes zu Beginn der Jagdzeit

Wer früh einen wesentlichen Teil seines Abschusses erfüllt, kann entspannt in die restliche Saison gehen und gezielt Nachlese halten. Außerdem gerät er nicht in Zugzwang, wenn, wie jedes Jahr, kurz vor Weihnachten noch reichlich Bestellungen für festliche Rehbraten hereinschneien. Wer seine Truhen gefüllt hat, wird seine Kunden erfreuen und bei der Stange halten.

Rehe im Kiefernwald
Zwei weibliche Stücke vertraut im lichten Kiefernwald. Das könnte klappen

Glücklicherweise haben die meisten Jäger ein Interesse daran, überlegt und selektiv ihren Rehwild-Abschussplan zu erfüllen. Für die Waldbesitzer, die aus „Rot schieß tot“ gleich „Reh schieß tot“ gemacht haben, sind viele der hier aufgeführten Überlegungen längst obsolet. Die Verlängerung der Bockjagdzeit macht es ihnen noch einfacher, wahllos draufzuhalten. Mit ein bisschen Kenntnis und Willen ließe sich das auch anders lösen. Umso mehr sollte es weidgerechte Jäger anspornen, zu zeigen, dass es bessere Lösungen gibt.

Forstjagd
In den Forsten wird ein Großteil der Rehwildstrecke im Zuge von Drückjagden erlegt.

Dass stets das Kitz bzw. die Kitze vor dem Mutterstück geschossen werden, ist eine Selbstverständlichkeit. Sollen auch die restlichen Stücke einer schwachen Rehsippe gestreckt werden, hilft häufig der Kitzfiep, falls die Geiß sich außer Schussweite gebracht hat. Sie gleich zu bekommen, ist die beste Lösung. Ansonsten ist zu befürchten, dass sie geprägt von dieser Erfahrung besonders vorsichtig wird. Zudem ist man in dem Fall sicher, dass es sich auch wirklich um das dazugehörige Mutterstück handelt, denn die Bindung in den Rehfamilien wird im Laufe des Jahres schwächer, so dass der Nachwuchs manchmal schon eigene Wege geht.

Waldrehe
Waldrehe – häufig nur schwer zu bekommen

Bewährt hat es sich, möglichst ganze Rehsippen jagdlich zu entnehmen, vor allem wenn sie schwach wirken und vitale Rehfamilien dafür lieber ganz in Ruhe zu lassen. Für eine Mehrfacherlegung sollte Munition gewählt werden, die das Reh möglichst an den Platz bannt, so dass der Jäger den Überraschungseffekt durch schnelles Repetieren nutzen kann und auch noch die restlichen Stücke bekommt. Wer gelernt hat, im Schuss zu repetieren, ist da ganz klar im Vorteil.

Reh auf Maisstoppeln
Auf Maisstoppeln halten Rehe gern Nachlese

Im Übrigen lässt sich im September auch noch gut bei den Böcken Nachlese halten. Wer noch einen Kandidaten auf der Liste hat und die Einstände kennt, kann Versäumtes jetzt noch nachholen. Die Böcke sind nach der Brunft ziemlich groggy und werden auf möglichst kurzen Wegen versuchen, ihren Energiespeicher wieder aufzufüllen. Wo Nahrung ungestört zu erreichen ist, lassen sich die Herren der Rehschöpfung gerne sehen – häufig auch zu eher ungewöhnlichen Zeiten.

2 Antworten

  1. Ein interessanter Bericht, den ich aber noch mit ein paar Anmerkungen ergänzen möchte:

    1. ,,Waldrehe- häufig schwer zu bekommen´´
    Ich selbst bewirtschafte allein einen knapp 100 ha großen PB mit 200 Höhenmeter Gefälle, 100 % Wald. Die 10 Stück p.a. sind Pippikram, wenn man INTERVALLARTIG im Mai, August und September vorgeht(Tipp meines betreuenden Försters). Wenn man die Tiere natürlich ab Mai bis Januar belästigt, werden die immer scheuer , damit die Jagd auch immer langwieriger. Auch Ruhe ist Wichtig- ich habe das Glück, dass mein PB NICHT neben einer Jugendherberge, einem Jugendgästehaus, einem Hauptwanderweg (…) liegt, sondern ein bisschen am A. der Welt – externe Störungen gehen gegen +-0.

    2. ,, (…) Großteil der Rehwildstrecke in Folge der Drückjagd(…)´´:
    Folge: Rehwild wird durch permanente jagdliche/externe Belästigung nachtaktiv. Bei mir sind die Tiere wegen minimalster Störungen bei bestem Licht im Mai ab 18 Uhr und sonst gegen 19 Uhr aufwärts unterwegs. Man kann auch als einzelner Jäger bei PLANVOLLEM Vorgehen das regeln. Selbst SW(WW) ist bei gutem Licht jagdbar.

    Wenn man natürlich Rehe als Ratten des Waldes auffasst, das ja beinhalten würde, dass ich ein Kammerjäger wäre- und ich sehe micht nicht als Schädlingsbekämpfer, denn Wald ohne Wild wäre öde hoch drei- würde das Ziel(maximaler Abschuss , fast egal wie) die MIttel(Drückjagd auf Rehe, nicht etwa auf SW, wo das noch einen jagdlichen Sinn ergeben würde wegend er Intelligenz und bis zu 400%- igen Vermehrung der Schwarzkittel) rechtfertigen.

    3. Fazit: ,,Die Dosis macht das Gift´´(Paracelsus)- ethisches Handeln wie ,,Dem Wild eine Chance gebe´´ darf nicht zur Floskel für die Jägerprüfung verkommen, die in manchen Staatsforsten mit Füßen getreten wird. Unter einem Förster verstehe ich eine Person, die die Belange der Forstwirtschaft und(!) des Wildes gleichermaßen beachet, sonst sollte man besser Weihnachtsbaumplantagenbetreiber werden…. .

    WH- Dr Georg Thielmann (RHM BDJV e.V)

    1. Hallo Herr Dr. Thielmann,

      wir sind da ganz Ihrer Meinung! Die Initiative Waidgerechte Jagd, die vor wenigen Wochen mit vielen Partnern auf die Beine gestellt wurde, dürfte Sie auch interessieren.

      Viele Grüße und Weidmannsheil

      Ihr Frankonia Team

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