Ein naturinteressierter Mensch ist es in heutiger Zeit gewöhnt, tagtäglich neue Schreckensmeldungen aus der Tier- und Pflanzenwelt serviert zu bekommen: Bäume leiden unter der Klimaerwärmung und werden von Käfern massiv angegriffen. Birkhühner verabschieden sich aus unserer Landschaft, die Feldhühner scheinen ihnen zu folgen. Und mit den Wiesenvögeln ist es auch nicht mehr weit her. Das sind nur einige Beispiele aus unseren Breiten. Weltweit gibt es noch viel mehr Probleme. Für den Betrachter ergibt sich das Gefühl, es geht alles langsam den Bach runter.
Die Fraktion der Gewinner
Weniger in die Öffentlichkeit dringt, dass es auch ganz klare Gewinner in unserer Tierwelt gibt. Arten, die von der Entwicklung des Klimas und der Landwirtschaft profitieren. Allerdings stößt ihre Zunahme nicht immer uneingeschränkt auf Begeisterung. Dazu ein paar Beispiele:
Die Kormorane haben sich Ende des letzten Jahrhunderts wieder stark in Deutschland verbreitet. An den Gewässern, an denen sie große Brutkolonien bilden, werden sie zu echten Konkurrenten für die Fischerei.
Mit Waschbär und Marderhund haben die Jäger ihre liebe Not. Ihre dynamische Ausbreitung ist trotz intensiver Jagd und stark steigenden Jahresstrecken offensichtlich nicht aufzuhalten und bedrängt das sowieso schon notleidende Niederwild. Neuerdings gesellt sich auch der amerikanische Mink dazu.
Biber und Nutria erobern ebenfalls immer größere Teile der Republik. Sie bereiten vor allem den Wasser- und Deichverbänden Kopfschmerzen. Im Übrigen alles Arten, die ursprünglich nicht der heimischen Fauna entstammen (Neozoen) oder – wie der Biber – bewusst vom Naturschutz hier wieder angesiedelt wurden. Teilweise verdrängen sie heimische Spezies wie zum Beispiel der Mink den europäischen Nerz. Auch der Dachs hat sich wieder bestens erholt, nachdem ihm bei der unsinnigen Baubegasung gegen die Tollwut übel mitgespielt wurde.
Der Siegeszug des Kranich
Erstaunlich, in welch kurzer Zeit eine Population einen Aufschwung nehmen kann. Ein gutes Beispiel ist der Kranich. Er galt vor 20, 30 Jahren noch als seltenes Juwel in unserer Landschaft. Fand sich irgendwo ein „Vogel des Glücks“ ein, wurde sogleich ein Sperrgebiet ausgerufen, und eine erfolgreiche Brut war fast eine kleine Sensation. Die Jäger halfen mit, hielten Jagdruhe im weiten Umkreis. Selbst der scheue Schwarzstorch erlebte keine so bevorzugte Behandlung.
Viele Vögel, weniger Scheu
Und wie sieht es heute aus? Die großen Schreitvögel haben sich enorm verbreitet, nutzen jedes mögliche Brutbiotop in Feld und Wald. Daneben sind das Jahr über große Junggesellen-Trupps zu sehen, die über die Felder stolzieren. Selbst im Winter bleiben einige Kraniche in unseren Breiten, da Eis und Schnee bei uns unterdessen Seltenheitswert besitzen.
Zwangsläufig hat sich auch die ausgeprägte Scheu vor menschlichen Aktivitäten gelegt. Heute auf geringe Entfernung Kraniche zu beobachten, ist wirklich kein Kunststück mehr. Vorsichtig und scharfäugig sind sie jedoch nach wie vor. Jäger in Kranichgebieten kennen das: Kommt man ihnen zu nah, reagieren sie mit lautem Trompeten – das wirkt wie eine Alarmsirene und macht natürlich auch anderes Wild aufmerksam.
Gedeckter Tisch für Isegrim
Ist Ihnen was aufgefallen? Ja, der Wolf fehlt in der Aufzählung der „Gewinner-Tierarten“, obwohl doch er gerade mit seiner Ausbreitung ständig Schlagzeilen macht. Es ist eine echte Erfolgsgeschichte aus Sicht des Artenschutzes – und des Wolfes. Kaum ein Wildtier hat soviel politische Unterstützung erfahren wie der Rückkehrer Wolf. Aber das ist ein ganz eigenes Thema. Nur eins noch an dieser Stelle: Der Naturschutz lässt sich für Rückkehr des Wolfes feiern. Den entscheidenden Anteil haben jedoch eher die Jäger. Die hohen Wilddichten in Feld und Wald sind quasi ein „Tischlein deck dich“ für den grauen Räuber.