Wenn eine Ernte- oder Drückjagd veranstaltet wird, profitieren davon häufig nicht nur Revierinhaber, sondern auch die lieben Jagdnachbarn. Ist das Wild erstmal auf die Läufe gebracht, macht es auch vor den Jagdgrenzen nicht halt, denn meistens nur die wenigsten Reviere sind so groß, dass alles auf dem eigenen Hoheitsgebiet verbleibt. Deshalb einigen sich in solchen Fällen freundliche Reviernachbarn auf ein gemeinsames, sprich abgestimmtes Vorgehen. Es gibt aber auch die sogenannten „Abstauberjagden“, bei denen sich Jäger aus Nachbarrevieren ohne Absprache an den Einwechseln in ihr Jagdgebiet positionieren. Diese Form des „Abschöpfens“ ist sehr umstritten und kann außerdem ein ernsthaftes Sicherheitsproblem darstellen.
Machen es sich die Abstauber zu einfach?
Der Begriff „Abstauber“ ist am ehesten aus dem Sport bekannt. Beim Fußball spricht man zum Beispiel von einem Abstaubertor. Damit wird üblicherweise ein Treffer charakterisiert, der ohne viel eigene Leistung dem Torschützen in den Schoß gefallen ist. Der Mangel an eigener Leistung wird auch bei der Jagd unterstellt, wenn sich die Schützen schlichtweg an der nachbarschaftlichen Grenze positionieren, während im Kern der Veranstalter der Drückjagd die ganze Arbeit hat und sich um Schützen, Treiber, Hundeführer und die anderen organisatorische Fragen kümmern muss, die mit so einer Gesellschaftsjagd zusammenhängen. Deshalb werden die Nachbarprofiteure auch gern als „Jagdliche Schmarotzer oder Absahner“ beschimpft, woraus schon zu ersehen ist, dass solche Verhaltensweise das Nachbarschaftsverhältnis nicht gerade fördert.
Eine bewaffnete Phalanx hinter der Grenze
Es ist verständlich, dass der Organisator einer größeren Gesellschaftsjagd ein vitales Interesse am Erfolg innerhalb seines Reviers durch seine Gäste hat. Vorbereitung und Durchführung eines solchen Ereignisses verlangt eine Menge Arbeit, wenn es wirklich etwas bringen soll. Das weiß jeder, der die Rolle eines Jagdleiters einmal ausgeübt hat. Deshalb ist es natürlich misslich, wenn es bei den Nachbarn mehr kracht als in den eigenen Grenzen. Doch dieser Verdruss entsteht nur, wenn die Nachbarn lediglich ohne Absprache abstauben. Also eine bewaffnete Phalanx hinter der Grenze das beim Nachbarn hochgemachte Wild empfängt.
Absprache schaffen bessere Lösungen
Die bessere Lösung sind revierübergreifende Drückjagden, die möglichst ein ganzes Einstandsgebiet abdecken. Zu dem Zweck sprechen sich die Verantwortlichen aus den einzelnen Revieren im Vorfeld über Zeitpunkt und Ablauf ab. Üblicherweise wird dann in allen Revieren zum gleichen Zeitpunkt beunruhigt, wodurch sich eine bessere und fairere Chancenverteilung zwischen den Jagdbezirken ergibt. Auch die Kontrolle über weitjagende Hunde ist damit eher möglich. Dieses Zusammenwirken gelingt heute sogar mit den Staatsforsten, die häufig über die Haupteinstände verfügen. Die Sorge der Förster um das Wohlergehen des Waldes durch Wildeinfluss hat zu einem Umdenken geführt. Früher versuchte man sich eher gegen die „Fleischjäger in den Bauernjagden“ abzuschotten. Dass manch kleines Revier nur sehr wenig in Hinblick auf Wildbeunruhigung unternimmt, ist zwar nicht schön, dürfte aber bei einem vernünftigen Gesamtkonzept zu verschmerzen sein.
Wo steht der unbekannte Nachbarschütze?
Noch ein wichtiger Aspekt muss im Zusammenhang mit „Abstauberjagden“ erwähnt werden: die Frage der Sicherheit. Wenn es keine Absprachen gibt, stehen auf beiden Grenzseiten Jäger, die voneinander nichts wissen, falls sie sich nicht direkt sehen können. Natürlich ist jeder für seinen Schuss selbst verantwortlich, doch ein verborgener Mensch im „Kugelfangbereich“ ist ein unnötiges Sicherheitsrisiko. Von niedrigen Ansitzböcken oder gar am Boden stehend mit bleifreier Munition erhöht sich dieses Risiko noch. Dass muss nicht sein und lässt sich durch einfache Absprachen ohne viel Aufwand vermeiden.
Geheimnistuerei um Jagdtermine
Das Konkurrenzdenken bei solchen Ereignissen geht teilweise so weit, dass Drückjagd-Termine wie ein Staatsgeheimnis gehütet werden, nur damit der „böse Nachbar“ nichts davon erfährt. Das ist schon fast peinlich und führt zu skurrilen Auswüchsen, bis hin zu Spitzel- und Verratsvorwürfen. Ein Betätigungsfeld für jagdliche Doppelagenten. Zum Repertoire angespannter Revierverhältnisse zählen auch heimliches Ablappen oder Auto-Patrouillen auf der Straße. Der grünen Fantasie scheinen da keine Grenzen gesetzt zu sein. Es gibt aber auch Jagdherrn, die, unabhängig ob es der Nachbar tut oder nicht, ihre Jagdtermine den angrenzenden Revieren mitteilen, was zu einem deutlichen entspannteren Umgang führt.
Terminoffenheit unter Reviernachbarn
Drückjagden müssen sowieso häufig wegen Straßensicherung oder jüngst wegen Corona angezeigt werden. Wäre nicht eine Regelung denkbar, die jeden Drückjagd-Veranstalter dazu verpflichtet, seine Termine den angrenzenden Revierinhabern mitzuteilen. Das hätte den Vorteil, dass über gemeinsames revierübergreifendes Vorgehen gesprochen werden könnte. Zumindest aber über die Besetzung der Schützenstände an den Grenzlinien. Das brächte eine klare Verbesserung in puncto Sicherheit und Jagderfolg – und würde auch noch die unwürdige Geheimniskrämerei aus der Welt schaffen. Im Übrigen: Wer sein Nachbarjäger zur eigenen Drückjagd einlädt, reduziert so vielleicht die Zahl der besetzten Lauerposten am Wechsel hinterm Grenzstein.
Eine Antwort
Das alles sollten Sie mal den Holländer und Belgiern verdeutlichen