Jagd-Ouvertüre im Frühjahr

Erwachende Natur, Beginn des neuen Jagdjahres. Erstes Grün, die ersten Farben und intensives Vogelgezwitscher lockt Jägerinnen und Jäger nach draußen. Dicke Lodenjacke und Thermo-Unterhose können zuhause bleiben. Wie befreiend!

Nach erfolgreicher Morgenjagd geht es mit einem gefüllten Rucksack frohgemut zurück ins Quartier.

Es kommt wieder Bewegung ins Rehwildrevier

Vor allem der Aufgang der Rehbockjagd setzt den ersten jagdlichen Impuls im aufblühenden Frühjahr. Reichliche Plätz- und Fegestellen sind der Beleg dafür, dass sich die friedlichen winterlichen Reh-Gemeinschaften aufgelöst haben und die noch langhaarigen grauen Waldgazellen ihre Einstandsgebiete deutlich gegen Rivalen abgrenzen. Im März/April wird in den Hodenzwischenzellen der Böcke die Spermien- und Testosteron-Produktion kräftig angekurbelt. Die dauert bis Ende Mai und wird nach einer Ruhephase (Feistzeit) erst wieder zur Brunft einen Höhenpunkt erreichen. Eine Erklärung für die Dynamik und Aggressivität der Rehbock-Herrschaften zu diesen Jahresabschnitten. Und dementsprechend beste Chancen für den aktiven Rehwildjäger.

Frisches Buchengrün zieht an. Solange es nur die Seitentriebe sind …

Was sagen uns Plätzstellen?

Mit Plätzen, Fegen und Duftmarken ziehen die Böcke quasi einen markanten Zaun um den Wohnraum, den sie für sich beanspruchen. Im strukturreichen Wald meistens kleinflächiger als im blanken Feld ohne erkennbare Sichtbegrenzung. Mit der Art des Markierens hinterlässt der Grenzgänger mitunter Visitenkarten, die auch für den Jäger Aussagekraft haben. Wenn sich eine große Plätzstelle neben der anderen befindet, bedeutet das nicht, dass hier ein besonders imposanter Vertreter seiner Art zu Hause ist. Entweder handelt es sich um eine heiße Grenze zwischen Territorien, oder ein junger Bock hat ein Territorium neu bezogen und will das seiner Umgebung im Überschwang seiner jugendlichen Kraft überdeutlich kundtun. Alteingesessene Bock-Hausherren beschränken sich eher auf das Notwendigste, sie haben sich in den Jahren ein gewisses Standing erarbeitet und müssen nicht mehr so auf den Putz, sprich Boden hauen.

Die territorialen Ansprüche werden zum Ende der Bastzeit auffällig klargemacht. Nur leider ist damit noch nicht der Verursacher identifiziert.

Böcke sind treue Mieter

Im Übrigen ist eine absolute Ausnahme, dass ein Bock seinen angestammten Wohnsitz verlässt und in ein anderes Refugium wechselt, selbst wenn nebenan ein „Luxus-Appartement“ freigeworden ist. Einmal in eine Revierwohnung eingezogen, sind es treue Mieter. Deshalb macht sich da, wo ein reifer Bock im Jahr davor erlegt worden ist, meistens ein Jungspund breit. Als Zweijähriger kann er bereits ein imposantes Gehörn geschoben haben. Also Vorsicht, damit kein Fehlgriff an einem hoffnungsvollen Reh-Teenager geschieht. Revierteile, in denen jedes Jahr reife Böcke Parade laufen, gibt es nicht.

An manchen Stellen ist es sinnvoll, den reifen Platzbock frühzeitig zu bejagen, um Platz für den Nachwuchs zu schaffen.

Die Rehwildjagd hat sich verändert

Die Rehwildjagd hat sich in diesem Jahrtausend deutlich verändert. Die Jagdzeiten sind hinten und vorn verlängert worden. Hauptsächlich auf Betreiben der Forsten, die den Rehabschuss als wirksamstes Mittel zur Rettung des Waldes ansehen und das Feindbild bei jeder Gelegenheit propagieren. Und mit Feinden geht man nun mal nicht zimperlich um. Man darf froh sein, wenn wenigstens nicht alle Grundregeln der Waidgerechtigkeit dabei über Bord gehen.

Knopfböcke und andere schwache Jährlinge sollten zu Beginn der Jagdzeit im Fokus des Jägers stehen.

Jahresstrecken gleichbleibend hoch

Dieser Sinneswandel gegenüber den anmutigen Rehen tut vielen Jägern weh. Rehe bilden für viele das „Stammpersonal“ ihres Reviers, das sie pfleglich zu behandeln versuchen. Trotz der „Sauenhysterie“ bleiben die Streckenzahlen beim Rehwild in Deutschland konstant hoch. Allerdings bleibt die Frage, ob diese Wildart nicht noch besser jagdlich genutzt werden könnte, ohne dass es der Art schadet, vielleicht sogar im Gegenteil.

Zwei Jährlinge im Bast – Bejagen oder nicht? Das ist eine Frage der Revierqualität und des Jagdkonzepts.

Rehwildbestand wird häufig untergenutzt

Unsere schlupfigen Rehe können sich nämlich im Feld und vor allem im Busch auf kleinstem Raum verstecken wie keine andere Wildart. Der Waldumbau mit seinen vielschichtigen Strukturen kommt ihnen dafür sehr entgegen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben mehrfach gezeigt, dass sich vielmehr Rehe einen Lebensraum teilen als angenommen. Sichtbeobachtungen, Schätzungen, Fährten, Losung usw. täuschen stets einen deutlich geringeren Bestand vor als tatsächlich vorhanden. Deshalb sollten Jäger ruhig mutig an die Rehjagd herangehen, so schnell ist kein Revier leerzuschießen. Nicht zu vergessen: Jede Erlegung bietet jagdliche Freuden, lässt sich ohne fremde Hilfe bewältigen, und erfreulicherweise werden für dieses Wild auch noch einigermaßen annehmbare Wildbretpreise gezahlt, und schließlich werden vielleicht auch die Waldbesitzer wieder etwas friedlicher…

Zu Beginn des Aufwuchses im Feld ist das Wild noch auszumachen und in den Fahrspuren gut anzugehen.

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