Drückjagdsaison 2020 unter besonderen Vorzeichen

Viele Jäger freuen sich zu Recht auf die Drückjagdsaison in Herbst und Winter. Im Gegensatz zu Einzelansitz und Pirsch wird in Gemeinschaft gejagt, mit Hundegeläut und Treiberrufen – einige Stunden Spannung und Konzentration pur auf dem Drückjagdstand unter herbstbunten Bäumen oder, wenn man Glück hat, sogar im schneebedeckten Wald. Vor- und hinterher der Austausch mit Gleichgesinnten, die man vielleicht lange nicht gesehen hat. So war es jedenfalls bisher. Inwieweit diese schöne Tradition in Zeiten von Corona und ASP aufrecht zu erhalten ist, lässt sich allerdings in diesem Jagdjahr noch nicht absehen. 

Strecke legen und Brüche verteilen – in Corona-Zeiten wohl kaum noch möglich

Mehr Absagen als Einladungen

Die Weltseuche Corona wird das Drückjagd-Geschehen in Deutschland mit Sicherheit ganz gehörig durcheinanderrütteln. Falls Ausgangssperren verordnet werden, wird auch das gemeinsame Jagen im großen Stil kaum noch möglich sein. Bei revierübergreifenden Jagden kommen viele Teilnehmer, speziell die Hundeführer, von weiter her. Somit wären, wenn überhaupt, nur kleinere Jagden mit Jägern und Treibern aus dem direkten Umfeld möglich. Bei Reisebeschränkungen nützen auch gut ausgearbeitete Hygienekonzepte dann nicht mehr weiter. Mund- und Nasenschutz werden sowieso notwendig sein, das Streckelegen und eventuelle Schüsseltreiben reduzieren das Geschehen auf das rein Jagdliche. Viele Veranstalter werden froh sein, wenn sie ihre Drückjagden überhaupt durchführen dürfen. Aktuell werden mehr Absagen als Einladungen verschickt. So haben beispielsweise gerade alle staatlichen Forstbetriebe in Niedersachsen ihre Drückjagden ersatzlos gestrichen.

Besonders die Hundeführer legen häufig weite Wege bis zum Drückjagdort zurück

Statt Jagd Kadaver sammeln?

Als weitere dunkle Wolke schwebt die Afrikanische Schweinepest (ASP) über dem jagdlichen Herbst 2020. Der Seuchenverlauf in Brandenburg zeigt, wie schnell diese Erkrankung Raum greift – trotz aller Vorsichts- und Gegenmaßnahmen. Dieses Menetekel versetzt vor allem Jäger im Osten der Republik in Unruhe. Statt Kadaver aufzusammeln möchten sie lieber ordentlich Strecke machen. Das Problem können sie dadurch zwar nicht beseitigen, aber jedes Stück Schwarzwild, das von einer sauberen Kugel gestreckt wird, ist ein Gewinn: vom Wildbret- wie vom Erlebniswert. Und Sauen sind nun mal für alle Drückjagdteilnehmer das Salz in der Suppe.

Nähe und Körperkontakt lässt sich bei den Treibern kaum vermeiden

Kein Freibrief für maßloses Jagen

Allerdings sollte die augenblickliche Extrem-Lage Schützen nicht dazu verleiten, wahllos auf jedes Stück Schwarzwild Funken zu reißen. Auch die besonderen Umstände dieses Jahres dürfen kein Freibrief für wildes Schießen ohne Maß und Ziel werden. Wildtiere, einschließlich der Sauen, sind keine Schädlinge, denn wir den Krieg erklärt haben, sondern faszinierende lebendige Wesen. Das Ziel muss sein, diese sympathische Wildart so gut wie möglich aus dem leidvollen Tal dieser Wildseuche herauszuhelfen. Deshalb genießen führende Muttertiere nach wie vor Schutz, und die Jagd konzentriert sich auf den Nachwuchs. Auch wenn dieser jagdliche Grundsatz in heutigen Zeiten gern selbst von Behördenseite in Frage gestellt wird.

Nicht jedes Wild kommt auf der Drückjagd in schussgerechter Position. Dann ist Selbstbeherrschung gefragt

„Nicht geschossen ist auch vorbei“

Der saublöde Spruch „Nicht geschossen ist auch vorbei“ verrät eine Mentalität, die auf der Jagd nichts zu suchen hat. Es gibt eben auch Umstände, bei der Kugel eben besser im Lauf bleibt. Nicht jeder Wildanblick zwingt zur Schussabgabe: Hochflüchtige Rehe, kompakte Rudel oder Rotten, der Fuchs auf große Distanz oder deckende Botanik sollten beim Schützen den Druck bei der Drückjagd wegnehmen – aus Respekt vor den faszinierenden Lebewesen, die das ganze Jahr über dem Jäger soviel Freude bereiten. Deshalb keine Experimente: Wenn der Schütze anbackt, sollte er sich sicher sein, es ist das richtige Stück, ich kann es treffen und gefährde keinen anderen. Das ist er dem Wild ebenso wie dem Jagdherrn schuldig. Jagd darf, muss manchmal intensiv sein, aber nie zügellos. Dafür gibt es seit Jahrhunderten einen Begriff, der das alles zusammenfasst: Waidgerechte Jagd.

Was kann es Schöneres geben: Ein Stand im farbenfrohen Herbstwald. Dieser Farbcocktail erschwert die eigene Sichtbarkeit, was das Tragen einer Signalweste zur Pflicht macht.

6 Antworten

  1. Hallo ihr bei frankonia, was soll das letzte bild : ein stand im farbenfrohen wald ????? unverantwortlich die kleidung der person, wo ist das hutband, die warnweste ??? solchen mist solltet ihr unterlassen. vielleicht meldet ihr euch mal dazu.

    1. Sehr geehrter Herr Hofmann,
      laut UVV Jagd müssen sich alle Schützen farblich deutlich vom Hintergrund abheben. Das gezeigte Symbolbild, in dem der Schütze nur einen orangefarbenen Schal trägt, ist nicht ausreichend. Wir werden das entsprechend in der Bildbeschreibung vermerken.

      Mit freundlichen Grüßen
      Ihr FRANKONIA Team

    1. Genauso sehen wir das auch. Das Wild darf nicht für Schießübungen herhalten, sondern verdient unseren Respekt wie jedes andere Lebewesen auch.

      Ihr FRANKONIA Team

  2. Sehr geehrte Redaktion,

    Einen so niveau- und würdevollen Artikel habe ich selten gelesen, herzlichen Dank dafür! Er wäre auch mal für unsere Kritiker lesenswert, die uns ja gern mal jedes Mitgefühl mit dem Wild absprechen.

    Dabei kennt wohl fast jeder Jäger den Zwiespalt nach der Jagd und die quälende Selbstkritik: hätte ich den abspringenden Bock nicht doch noch mit einem Schrecken zum Stehen bringen können? Hätte ich auf den hochflüchtigen Frischling nicht doch abdrücken sollen, so schnell war er doch gar nicht? Wenn schon keine Sauen in Anblick kamen, dann nehme ich jetzt wenigstens um jeden Preis diesen Fuchs mit…
    Ein immer wieder schwerer Spagat zwischen Vernunft und Jagdfieber, zwischen der Waidgerechtigkeit und den eigenen Erwartungen an sich und die Jagd.

    Danke, das so treffend formuliert an Maß und Verstand appelliert wird – dies hilft mir sehr, die oft überhohen eigenen Ansprüche zu beruhigen. Denn das macht einen achtenswerten Jäger und Menschen letztlich aus: die Kunst der Selbstbeherrschung und die Fähigkeit, überlegen mit Mißerfolgen und Enttäuschungen umgehen zu können, die zum Leben auch dazugehören.

    Mit herzlichen Grüßen und Waidmannsheil
    André

    1. Lieber André,

      vielen Dank für Ihre Zustimmung zu unserem Blogbeitrag. Die Achtung vor dem Mitgeschöpf ist der wichtigste Grundsatz für uns Jäger, der niemals anderen Dingen untergeordnet werden.

      Viele Grüße und Waidmannsheil
      Ihr FRANKONIA Team

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