Das Angebot an gebrauchten Jagdwaffen ist riesig, Schnäppchen locken in großer Zahl. Aber lohnt sich gebraucht Kaufen bei Jagdwaffen wirklich? Und auf was muss man achten, damit aus dem vermeintlichen Sonderangebot keine Kostenfalle wird?
Der Gebrauchtmarkt für Jagdwaffen ist in weiten Teilen ein Paradies für Käufer – und eher ein Albtraum für Verkäufer. Das Angebot ist riesig, die Preise für viele gebrauchte Jagdwaffen im Keller und diese Tendenz scheint sich fortzusetzen: Insbesondere für kombinierte Waffen wie klassische Drillinge, früher der ganze Stolz eines Jägers, werden heute oftmals nur noch sehr bescheidene bis lächerliche Preise erzielt. Dafür gibt es jedoch mitunter gute Gründe, auf die wir im Verlauf dieses Beitrags näher eingehen werden.
Es gibt jedoch Ausnahmen vom allgemeinen Preisverfall auf dem Gebrauchtwaffenmarkt. So lassen sich vor allem neuere Waffen der einschlägig bekannten renommierten Markenhersteller aus dem Premiumbereich sehr gut verkaufen. Aktuelle und gepflegte Repetierer-Modelle von Herstellern wie Blaser oder Mauser in gängigen Kalibern gehen oft für nur wenige hundert Euro unter dem Neupreis weg – da lohnt sich der Gebrauchtkauf nicht wirklich.
Anders sieht das zum Beispiel bei gebrauchten Repetierbüchsen vom Typ Mauser 98 aus: Selbst wenig geführte Exemplare dieses Gewehrs, das über Jahrzehnte die Standardwaffe des deutschen Jägers war und sich weltweit aufgrund seiner Zuverlässigkeit und Sicherheit immer noch großer Beliebtheit erfreut, bringen oft nur ein paar hundert Euro. Sogar ältere Custombüchsen aus den Werkstätten namhafter Büchsenmacher erzielen oft nur Spottpreise. Also bedenkenlos kaufen? Nicht unbedingt.
Worauf kommt es bei einer Jagdwaffe wirklich an?
Denn abgesehen von den noch zu erörternden Kostenfallen, sind einige Punkte beim Kauf einer älteren gebrauchten Jagdwaffe zu erwägen: Ohne Zweifel wird ein Durchschnittsjäger eine hochwertige Jagdwaffe in einem moderaten Kaliber in einem langen Jägerleben nicht verschleißen, sie kann und soll von einer Generation an die nächste weitergereicht werden. Es lässt sich auch nicht abstreiten, dass viele ältere Waffen mit einer Liebe zum Detail und einem Aufwand an Handwerkskunst gefertigt wurden, die heute kaum noch erschwinglich wären.
Andererseits sollte man nicht die Augen davor verschließen, dass es in der Waffentechnik – und erst recht bei der Optik – in den letzten Jahrzehnten gewaltige Fortschritte gegeben hat. Man muss dann einfach abwägen, ob ein seidenweicher Schlossgang und kostbare Gravuren auf der Jagd wirklich wichtiger sind, als Funktion, Sicherheit und Zuverlässigkeit. Natürlich kann man auch beides in einer Waffe vereinen – aber das hat auch gebraucht noch seinen Preis. Geradezugrepetierer, Handspannung, Leuchtabsehen – das sind nur einige der neuzeitlichen Innovationen, auf denen viele Jäger in der Praxis nicht mehr verzichten wollen – und dafür in Kauf nehmen, eine „seelenlose“, industriell gefertigte Waffe zu führen.
Kostenfalle Optik und Montage
Ein veraltetes Zielfernrohr ist wohl die häufigste Ursache dafür, dass in eine ältere Jagdwaffe investiert werden muss. Auf kaum einem Gebiet ist der technische Fortschritt im Wortsinn derart sichtbar wie bei optischen Geräten. Neben den Kosten für ein aktuelles Zielfernrohr (falls nicht vorhanden) kommen dann oft noch erhebliche Summen für die Montage hinzu. Denn viele der alten Zielfernrohre sind mit einer Suhler Einhakmontage montiert. Will man diese Montageart beibehalten, so kann man in der Regel einen knapp vierstelligen Betrag für Büchsenmacherarbeiten einplanen.
Doch auch ein Wechsel auf eine modernere Montage geht ins Geld: Die alten Montagebasen müssen entfernt, der Lauf oder das Laufbündel in der Folge neu brüniert werden. Zu den 400 bis 500 Euro für die Montage kommt also auch hier wieder der Arbeitslohn. Diese Folgekosten sind der Grund, warum Waffen, auf denen veraltete Zieloptiken mit Suhler Einhakmontage montiert sind, nur schwer verkäuflich sind. Allerdings gibt es auch hier die Möglichkeit, die Basen der Suhler Einhakmontage über ein Umbauset auf eine Schwenkmontage abzuändern. Weitaus unproblematischer sind Schwenkmontagen einschlägig bekannter Hersteller. Ist ein altes Glas auf einer Schwenkmontage mit 30er Ringen montiert, so kann ohne großen Aufwand ein neues ZF montiert werden. Wer handwerklich einigermaßen geschickt ist, bekommt das auch alleine hin. Auch Ersatzteile sind für diese Montagen meist noch unproblematisch lieferbar.
Wenn man bereit ist, auf einen Leuchtpunkt zu verzichten, kann man mit hochwertigen Zieloptiken aus den 70er- oder 80er-Jahren durchaus klarkommen. Doch auch hier lauert eine Kostenfalle: Gerade bei wenig geführten Schrankwaffen sind die äußerlich tadellosen Optiken häufig durch verharzte Fette unbrauchbar geworden. Das verhärtete Schmiermittel sorgt dann dafür, dass die Absehenverstellung nicht oder nicht mehr zuverlässig funktioniert. Für die Reparatur oder Überholung des Glases sind dann dreistellige Eurobeträge einzuplanen, unter 300 Euro läuft erfahrungsgemäß nichts mehr. Da ist der Kostenvorteil von gebraucht gegenüber neu dann ganz schnell aufgezehrt.
Kostenfalle Abzug
Lange Zeit waren Stecherabzüge bei Jagdwaffen erste Wahl, aber mittlerweile sind sie ungebräuchlich geworden, ja, in Verruf geraten. Und zwar zu Recht: In vielen Situationen stellen Stecherabzüge ein Sicherheitsrisiko dar, etwa im Winter mit kalten, klammen Fingern. Beim Deutschen Stecher kommt die Verwechslungsgefahr hinzu. Uneingestochen lässt die Charakteristik der meisten Stecherabzüge hingegen zu wünschen übrig, sie kriechen und das Abzugsgewicht ist vergleichsweise hoch. All diese Probleme umgeht man mit modernen Direktabzügen, mit denen sich überdies genau so präzise schießen lässt wie mit dem Stecher.
Während man sich bei älteren kombinierten Waffen in aller Regel mit dem verbauten Abzug abfinden muss – von etwas Feintuning durch einen sachkundigen Büchsenmacher einmal abgesehen – so gibt es für zahlreiche Repetierbüchsen hochwertige Feinabzüge zum Nachrüsten. Die bekannten und sehr brauchbaren Timney-Abzüge für Mauser 98 kosten nur um die hundert Euro. Der Einbau und die Einstellung muss jedoch unbedingt durch einen Büchsenmacher erfolgen, um die Sicherheit zu gewährleisten. Dessen Lohn kommt also noch obendrauf.
Und: War zum Beispiel in einem Mauser 98 ein deutscher Stecher verbaut, so bleibt es nicht beim simplen Tausch der Abzugseinheit. Nach dem Ausbau verbleibt eine große Öffnung oberhalb des Abzugszüngels, durch die Staub, Schmutz und Feuchtigkeit ihren Weg ins Innerste der Waffe finden. Diese Öffnung muss durch einen eigens angefertigten, verlöteten und brünierten Einsatz verschlossen werden – was weitere Kosten verursacht.
Kostenfalle kombinierte Waffen
Bei kombinierten Waffen, wie zum Beispiel Drillingen, Bockbüchsflinten oder Doppelbüchsen, kommen zu den genannten möglichen Kostentreibern noch einige weitere Problemfelder hinzu. Bei älteren kombinierten Waffen mit verlöteten Läufen, also auch Quer- und Bockflinten, kann im Lauf der Zeit die Verlötung des Laufbündels Schaden nehmen. Oder die Läufe schießen nicht gut zusammen. In diesen Fällen ist es erforderlich, das Laufbündel aufzutrennen und neu zu verlöten, anschließend ist eine neue Brünierung fällig. Das geht ins Geld. Das gleiche gilt für verlötete Doppelbüchsen: Hier ist es gut, wenn man gleich eine größere Charge an Munition vom Verkäufer mitbekommt, mit der die Waffe seinerzeit eingeschossen wurde.
Auch die filigranen Schäfte kombinierter Waffen können Schäden aufweisen – feine Risse oder gar ausgebrochene Stellen – die teuere Reparaturen bis zur Neuschäftung nach sich ziehen. Bei hoher Schussbelastung und/oder starken Kalibern werden kombinierte Waffen mit der Zeit oft klapprig. Das ist mehr als ein Schönheitsfehler, mit zunehmendem Verschleiß wird das zu einem Sicherheitsproblem. Manchmal reicht es in diesen Fällen, den Scharnierstift auszutauschen, in anderen Fällen sind umfangreiche Reparaturen erforderlich. Solche Waffen mögen noch so günstig sein – der Kauf lohnt in aller Regel nicht.
Versteckte Mängel und andere Probleme
Oben wurden nur die häufigsten Kostenfallen beim Gebrauchtwaffenkauf skizziert. Es gibt jedoch viele weitere mögliche Probleme mit gebrauchten Schusswaffen, die einem die Sorgenfalten auf die Stirn treiben können. Und machen wir uns nichts vor: Viele Waffen werden verkauft, weil sie nicht oder nicht mehr richtig zufriedenstellend funktionieren.
Ausgeschossene Läufe sind gerade bei rasanten Kalibern wie 7×64 oder .30-06 gar nicht so selten, mangels Pflege korrodierte Läufe sind an der Tagesordnung. Der Zustand eines Laufs ist nicht zu beurteilen, indem man ihn ins Licht hält und hindurchschaut. Was da so schön glänzt sind oft nur die Geschossabschmierungen, unter denen es munter vor sich hin gammelt. Aussagekräftig ist nur die Inspektion des Laufs nach gründlicher chemischer Reinigung durch ein Endoskop. Der Anblick, der sich einem da bietet, ist oft sehr ernüchternd.
Daneben gibt es die Problemfälle, die vermutlich schon den Vorbesitzer zur Verzweiflung getrieben haben und mit denen sich dann nach dem Kauf der neue Eigentümer herumschlagen darf: Waffen, die zwar meist gut schießen, aber hin und wieder unerklärliche Ausreißer produzieren. Viel Spaß bei der Fehlersuche, heißt es dann. Man verbringt viel Zeit auf Schießständen, ärgert sich auf der Jagd und gibt viel Geld aus für Munitionstests und die Bemühungen von Büchsenmachern.
Anliegende Schäfte oder Schaftteile können Präzisionsprobleme verursachen, ebenso auch fehlerhafte oder fehlende Systembettungen, ein falsch eingestellter Verschlussabstand oder eine Montage, die Spiel oder Spannungen aufweist. Auch Waffen, bei denen jede dritte Patrone nicht zündet, weil der Schlagbolzen oder die Schlagbolzenfeder Probleme machen, bereiten ihren Besitzern wenig Freude.
Fazit: Augen auf beim Waffenkauf!
Was folgt aus dem Gesagten? Jedenfalls nicht, dass man auf keinen Fall eine gebrauchte Waffe kaufen sollte. Aber, dass man sich eine Gebrauchtwaffe in jedem Fall genau anschauen und nach Möglichkeit Probe schießen sollte. Privatleute können bei Verkäufen eine Gewährleistung weitgehend ausschließen – entdeckt man einen Mangel an der Waffe, drohen langwierige Nachverhandlungen und unter Umständen juristische Auseinandersetzungen.
Empfehlenswert ist daher auf jeden Fall, gebrauchte Waffen von einem vertrauenswürdigen Händler zu erwerben, der Gewährleistung geben muss und einem auch nach dem Kauf mit Rat und Tat und Hilfe zur Seite steht. Auf Gebrauchtwaffen-Marktplätzen im Internet wie Auctronia bieten viele Händler günstige gebrauchte Waffen an. In deren Ladengeschäften kann man die Waffen vor dem Kauf besichtigen und oft auch zur Probe schießen. Da ist man auf der sicheren Seite.
Und noch eine Schlussfolgerung drängt sich auf: Wenn es nur darum geht, Geld zu sparen, dann lohnt sich der Gebrauchtwaffenkauf oft eher nicht. Zu groß ist das Risiko, dass man nach dem Kauf noch erhebliche Investitionen tätigen muss, um Mängel zu beseitigen oder die Waffe technisch auf einen Stand zu erbringen, der heutigen Anforderungen an Sicherheit, Präzision und Zuverlässigkeit entspricht.
Es gibt einfach zu viele preiswerte Neuwaffen, die oft genauso gut funktionieren und schießen wie weitaus teurere Premiummodelle, als dass sich ein Gebrauchtkauf wirklich auszahlen würde. Auch im Optikbereich gibt es bekanntlich Hersteller, die sehr gute Qualität zu günstigen Preisen bieten. So eine preiswerte Waffe mag zum Angeben wenig geeignet sein und ihrem Besitzer wenig Prestige einbringen, aber für die Jagd ist sie so gut geeignet wie vielfach teurere Produkte.
Wer jedoch ein bestimmtes Modell haben oder führen möchte, das heute nicht mehr neu erhältlich ist, der ist auf dem Gebrauchtwaffenmarkt genau richtig. Dort findet er eine riesige Auswahl zu günstigen Preisen. Wer eine Gebrauchte beim Fachhändler kauft, bekommt zudem eine Garantie, die bei Frankonia beispielsweise ein Jahr beträgt.
Eine Antwort
Als begeisterter Sportschütze finde ich den Artikel sehr informativ, da ich schon länger über den Kauf einer neuen Jagdwaffe nachgedacht habe. Es ist gut zu wissen, welche Vor- und Nachteile es sowohl beim Kauf einer neuen als auch gebrauchten Waffe gibt und worauf man achten sollte. Ich werde beim Kauf von gebrauchte Waffen einen Blick mehr darauf werfen, um sicherzugehen.