Überwindung von Notzeiten: Einblicke in das 11. Rotwildsymposium der Deutschen Wildtier Stiftung

Seit 2002 veranstaltet die Deutsche Wildtier Stiftung alle zwei Jahre Rotwildsymposien zu aktuellen jagdpolitischen und -praktischen Themen. Mit Teilnehmern aus Wissenschaft, Praxis, Politik, Ministerien und Verbänden haben sich diese Veranstaltungen als zentrale Plattform rund um das Rotwild im deutschsprachigen Raum etabliert.

Als langjähriger Kooperationspartner der Deutschen Wildtier Stiftung und Sponsor des Rotwildsymposiums durfte FRANKONIA auch in diesem Jahr mit dabei sein. Das 11. Rotwildsymposium der Deutschen Wildtier Stiftung zum Thema „Überwindung von Notzeiten“ fand in Zusammenarbeit mit dem Tiroler Jägerverband Ende Mai im österreichischen Mils statt.

Was sind Notzeiten?

Das Jagdausübungsrecht umfasst u.a. die Ausübung des Jagdschutzes, wozu beispielsweise die Fütterung des Wildes in Notzeiten gehört. Notzeiten sowie entsprechende Fütterungsregelungen werden je nach Ländergesetzgebung unterschiedlich definiert und vorgegeben. Wildtiere, wie der Rothirsch, haben in solchen Zeiten ein besonderes Ruhebedürfnis. Um derartige Notzeiten zu überwinden, hat Deutschlands größte Hirschart im Laufe der Evolution bemerkenswerte Anpassungsstrategien entwickelt.

Wie genau diese biologischen Strategien aussehen und welche Managementstrategie es im Umgang mit dem Rotwild gibt, wurde auf dem 11. Rotwildsymposium der Deutschen Wildtier Stiftung in den Fokus gerückt.

Wissenschaftliche Einblicke in wildbiologische Strategien

Nach der Begrüßung durch den Landesjägermeister von Tirol, Anton Larcher, gaben Referenten der BOKU Wien, der Veterinärmedizinischen Universität Wien sowie des Schweizerischen Nationalparks wissenschaftliche Einblicke in die biologischen Strategien des Rothirschs. Neben physiologischen Stoffwechselanpassungen zwischen Sommer und Winter sowie der Fähigkeit, die Körpertemperatur je nach Umweltbedingungen zu regulieren (Thermoregulation), gehört auch eine Reduktion von Streifgebietsgrößen zu den Überlebensstrategien der Tiere. Forschungen konnten belegen, dass verschiedene Stressfaktoren die natürlichen Mechanismen der Überlebensstrategien des Rotwilds beeinträchtigen können.

Jagddruck, Störungen durch Waldbesucher, der Verlust von nährstoffreichen Futterquellen, eine zunehmende Entwässerung von Wäldern sowie Nahrungsengpässe setzen das Rotwild unter Druck. Eine falsche Fütterung kann ebenfalls negative Auswirkungen haben und zu chronischem Stress und in der Folge u.a. Schälschäden führen.

Paul Griesberger (BOKU Wien/Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft) referierte zum Thema „Überwinterungsstrategien des Rotwilds“.
Univ. Prof. em. Dr. Walter Arnold (Veterinärmedizinische Universität Wien/Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie) referierte zum Thema „Die umfassende Metamorphose vom Sommerhirsch zum Winterhirsch“.

Die Devise: Konflikte verstehen und angehen

Die einzelnen Vorträge haben jedoch nicht nur Probleme aufgezeigt, sondern auch Lösungsansätze geboten. Wildbiologen und Experten aus der Veterinärmedizin, dem Forst, sowie der Vorarlberger Landesregierung und dem Tiroler Jägerverband stellten unterschiedliche Managementstrategien zu Überwindung von Notzeiten vor. Im Fokus standen dabei die natürliche Lebensraumausstattung sowie Fütterungs- und Raumplanungskonzepte.

Als häufige Fehler bei der Winterfütterung nannten die Experten u.a. falsche Futtermittel, falsche Fütterungszeiten und zu wenige Fütterungsplätze. Zudem betonten sie, dass eine ausreichende und geeignete Nahrung im Sommer die Basis für die überlebenswichtigen Reserven im Winter sei. Die Wiederanpflanzung von verdrängten Nebenbaumarten wie Zitterpappeln und Weiden wäre ein Lösungsansatz, da diese Weichhölzer nicht nur im Winter, sondern auch bei Nahrungsengpässen im Sommer eine wichtige Nahrungsquelle darstellen.

Beim Management der Ansprüche von Wildtieren und Menschen haben sich wildökologische Raumplanungskonzepte als sinnvoll erwiesen. „Um Rothirsche konfliktarm in unsere Kulturlandschaft zu integrieren, müssen wir ihnen Räume anbieten, in denen sie möglichst ungestört von uns Menschen die Wochen der Nahrungsknappheit überstehen können“, betonte Professor Dr. Klaus Hackländer, Wildtierbiologe und Vorstand der Deutschen Wildtier Stiftung. In diesem Zusammenhang wäre auch eine Jagdruhe im Sommer hilfreich, wie sie aktuell zum Beispiel in Brandenburg durchgesetzt wurde. Da Rot-, aber auch andere Schalenwildarten, auf kühle Rückzugsorte in Hitzeperioden angewiesen sind, ist es zudem wichtig, ein schnelles Austrocknen von wasserreichen Lebensräumen durch umfangreiche Grabennetze im Waldbereich zu stoppen.

Gruppenbild der Teilnehmer des 11. Rotwildsymposiums der Deutschen Wildtier Stiftung in Tirol (Foto: DieFotografen/Sandra Blaunstein)
Die Referenten (Foto: DieFotografen/Sandra Blaunstein).

Das 11. Rotwildsymposium bot einen aufschlussreichen Dialog für Wissenschaftler, Jäger und alle Interessierten, um gemeinsam Wege zu finden, wie wir Rothirschen durch nachhaltiges Management helfen können, Notzeiten zu überwinden. Spannende Diskussionen und innovative Lösungen, die aus dieser Zusammenkunft hervorgingen, versprechen positive Entwicklungen für die Zukunft.


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