Im Monat des Weltfrauentags feiert der FRANKONIA Blog ein kleines Jubiläum. Das Format „Jägerin des Monats“ gibt es nun seit einem Jahr im Blog. Wir freuen uns sehr, dass wir zu diesem Anlass Nicole Heitzig als erste Frau an der Spitze eines Landesjagdverbandes gewinnen konnten.
Ich bin Nicole Heitzig und habe 1972 in Münster in Westfalen das Licht der Welt erblickt. Nachdem wir mit der Familie nach Köln umgezogen sind, habe ich im Rheinland die Schule besucht und später auch das Abitur gemacht. Jäger gab es in meiner Familie nicht, aber ich war von klein auf an allem, was Flügel oder mehr Beine hatte als ich, interessiert, so dass es nicht verwunderte, dass ich ständig irgendwelche verwaisten oder verletzten Tiere angeschleppt habe. Im Kinderzimmer wohnte alles Mögliche an Kleintieren, nur den ersehnten Hund durfte ich nicht haben. Dafür habe ich mich früh der Reiterei gewidmet und bin den Pferden über viele Jahrzehnte treu geblieben. Die Teilnahme an Reitjagden/Schleppjagden hinter der Hundemeute war schon damals ein Highlight im Jahreskalender. Der Klang der Jagdhörner hat mich stets ergriffen.
Erste Berührungspunkte mit der Jagd auf einem Pferdehof
Zum Studium zog ich wieder nach Münster und habe dort auf einem Pferdehof im schönen Hiltrup gewohnt und war öfter in der Reithalle und dem Stall als im Hörsaal anzutreffen. Auf dem Hof gab es erste Berührungspunkte mit der Jagd: Der Hausherr und seine Tochter waren Jäger, es wurde immer wieder leckeres Wildbret serviert und ich konnte mich endlich auch um Hunde kümmern. Ein Dackel und ein Deutsch Drahthaar wurden bei jeder Gelegenheit mit vielen Streicheleinheiten bedacht. Am Herdfeuer lag neben dem Landwirtschaftlichen Wochenblatt auch immer der Rheinisch Westfälische Jäger und die ein oder andere Jagdzeitschrift, die ich mir interessiert durchgeblättert habe. Für mich selbst war ich aber nie auf die Idee gekommen, dass ich das auch machen könnte… Das sollte sich ändern.
„Ich bereue, nicht schon früher Jägerin geworden zu sein“
Nach dem 2. Examen wurde ich 1999 Richterin in Paderborn und nach ein paar Jahren im Berufsleben habe ich entschieden, dass der langersehnte Hund nun bei mir einziehen müsse. Ein Jagdhund sollte es sein und so zog 2005 eine 1,5 Jahre alte Hündin aus dem Tierschutz von Krambambulli-Jagdhundhilfe bei mir ein und der Hund der „keinen Jagdtrieb“ haben sollte, stellte sich als griechische Bracke mit enormer Passion heraus. Nun war guter Rat teuer. War meine „Ginger“ zu Hause ruhig und sanft wie ein Lämmchen, drehte sie in Feld und Flur auf und war nicht zu halten, geschweige denn zurückzurufen. Über die Probleme, meinen Hund zu bändigen, kamen Kontakte zu hilfsbereiten Jägern und Hundeführern zustande. Parallel hatte ich ein Strafverfahren wegen Jagdwilderei als Vorsitzende Richterin zu verhandeln und dort saß Wolfgang Grabitz im Zuschauerraum. Wolfgang und Magdalena Grabitz sind bekannt als Kochbuchautoren und von der Aktions-Bühne bei der Messe Jagd & Hund in Dortmund, wo sie seit vielen Jahren den Besuchern das Kochen mit Wildbret nahebringen. Wolfgang war Ausbildungsleiter des Jägerkurses der KJS Paderborn und gab mir seine Karte: „Im Kurs ist noch ein Platz frei“. Ich dachte mir, dass man nicht dümmer wird, wenn man sich nochmal einer mehrmonatigen Ausbildung widmet und meldete mich ohne große Vorkenntnisse an. Das war der Startschuss zu einer Passion, der ich bis heute verfallen bin. Ich bereue eigentlich nur, nicht schon früher Jägerin geworden zu sein.
Der erste Bock: Ein emotionales Erlebnis
2008 habe ich nach dem neun Monate dauernden Vorbereitungskurs die Jägerprüfung abgelegt und nur zwei Tage später konnte ich bei einem Jagdfreund meinen ersten Rehbock – einen schwachen Knopfbock – erlegen. Ein emotional sehr bewegendes Ereignis…ich habe geheult wie ein Schlosshund, weil es mir leid tat, dem Tier das junge Leben genommen zu haben. Aber eine Woche später hatte ich die Filets auf dem Teller und so wurde die Sache rund. Im ersten Jagdjahr hatte ich oft Gelegenheit raus zu gehen und konnte Rehwild und einige Füchse strecken. Später die erste Sau… und auch zur Niederwildjagd ins Münsterland war ich mal eingeladen, so dass auch Hase, Ente und Fasan die persönliche Strecke als Jungjägerin bunt machten. Von Anfang an wollte ich mich aber auch ehrenamtlich engagieren und wurde gleich nach Erhalt des Jagdscheins Schatzmeisterin im örtlichen Hegering. Außerdem trat ich dem Bläsercorps bei und übte fleißig mit dem Jagdhorn. Auf einer Drückjagd nahe der polnischen Grenze traf ich dann meinen Mann – passionierter Jäger seit dem Jugendjagdschein. Ich bin mit meiner „Ginger“ zu ihm und Dackel „Harry“ ins Sauerland gezogen und zwei Jahre später haben wir geheiratet.
(Foto: Ulrich Heitzig)
Ungarn: Ein zweites Zuhause mit wunderbaren Jagderlebnissen
Durch den Wechsel der Kreisjägerschaft wurde ich im Hochsauerlandkreis sofort „verhaftet“ und 2012 zur Stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Neben der Jagd in Sauerländer Revieren entdeckte ich dann die Liebe zur Jagd in Ungarn. Mein Mann jagte dort bereits seit vielen Jahren und war schon als Kind mit seinem Vater häufig in Ungarn. Wir haben dort ein kleines altes Bauernhäuschen mitten im Revier und sind Mitglieder der örtlichen Jagdgesellschaft, die wie ein Verein organisiert ist. Seit 2010 jage ich in diesem Revier auf Rotwild, Rehwild, Sauen, Goldschakale und sonstiges Raubwild und gelegentlich auch mal mit der Flinte auf Niederwild. Ich verbinde unendlich viele wunderbare Jagderlebnisse mit diesem Land, fühle mich dort wie in einer zweiten Heimat und wie „zu Hause“.
Jagdpolitischer Schnupperkurs auf Landes- und Bundesebene
Am liebsten gehe ich morgens früh los und pirsche. Dabei habe ich immer viel Anblick und auch wenn ich als Schneider nach Hause gehe, habe ich immer etwas zu berichten und ein volles Herz. Im Sauerland wurde ich 2016 zur Vorsitzenden der Kreisjägerschaft Hochsauerland mit ca. 3.200 Mitgliedern gewählt und hatte damit dann auch einen regelmäßigen Sitz im Landesvorstand des Landesjagdverbandes Nordrhein-Westfalen. In den folgenden vier Jahren war ich Delegierte auf den Bundejägertagen, wo ich schonmal in die Jagdpolitik auf Landes- und Bundesebene schnuppern konnte.
Über die vielen Freundschaften, die man als Jäger und Hundeführer schließt – inzwischen bereichern drei Standard-Rauhaardackel unser Leben – konnte ich auch mehrmals in den Bergen in Tirol waidwerken. Unvergessliche Erlebnisse, die zu den schönsten, aber auch körperlich herausforderndsten meines Jägerlebens gehören. Unvergesslich auch der Besuch des Jägerballs vom Grünen Kreuz in der Wiener Hofburg. Ein Event, das in Deutschland wohl nicht so realisierbar wäre. Man muss es einfach einmal erlebt haben.
Erste Frau als LJV-Präsidentin
Im Herbst 2019 trat dann der damalige Präsident des Landesjagdverbandes Nordrhein-Westfalen, Ralph Müller-Schallenberg, an mich heran und fragte, ob ich mir vorstellen könnte, seine Nachfolgerin zu werden und mich als erste Präsidentin eines Landesjagdverbandes zur Wahl zu stellen. Spontan habe ich erstmal abgewunken, aber nach einer erbetenen Bedenkzeit – und dem Zuspruch einiger Vertrauter, die das ebenfalls für eine gute Idee hielten – letztlich zugesagt. Wegen der Corona-Pandemie musste die Wahl verschoben werden, so dass ich schließlich im März 2021 zur Präsidentin des Landesjagdverbandes Nordrhein-Westfalen, des mitgliederstärksten Jagdverbandes in Deutschland, gewählt wurde. Seit 2023 bin ich auch Vizepräsidenten des Deutschen Jagdverbandes. Außerdem engagiere ich mich im Vorstand der Deutschen Wildtierrettung und sitze im Rundfunkrat des WDR.
Die jagdlichen Ehrenämter machen mir viel Freude, aber sie nehmen auch viel Zeit in Anspruch, so dass dadurch leider neben Beruf, Haushalt und drei Dackeln fürs Jagen manchmal nicht mehr so viel Zeit bleibt. Das bedauere ich schon sehr und versuche deshalb jede Gelegenheit zu nutzen, raus zu gehen. In den Urlaub geht es eigentlich immer nach Ungarn in unser Revier und dort bin ich dann wirklich jeden Tag draußen und verpasse keinen Morgenansitz oder Morgenpirsch. Im Herbst/ Winter muss sich der Terminkalender dann nach den Drückjagden richten.
Engagierte Botschafterin für das jagdliche Handwerk
Über das Ehrenamt habe ich unglaublich viele engagierte Jägerinnen und Jäger kennengelernt und möchte diese Begegnungen und den Austausch mit Gleichgesinnten über unsere Passion nicht missen.
Meine Motivation ist, die Jagd in all ihren Facetten und Ausprägungen zu erhalten und in die Zukunft zu führen, sie den nicht-jagenden Menschen und speziell der Politik zu erklären und um Verständnis für unser Handwerk und unsere Passion, als Form der nachhaltigen Nutzung der Natur, der zu werben.
Nicole Heitzig, Präsidentin des Landesjagdverbandes Nordrhein-Westfalen
Seit 2023 bin ich deshalb auch persönliches Mitglied der Deutschen Delegation im Internationalen Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC). Ich wünsche allen Jägerinnen und Jägern von Herzen Waidmannsheil!
Welche Waffe führst du und warum?
Ich führe eine Blaser R93 (mit schönem Schaftholz und kanneliertem Lauf) und eine Blaser R8 Professional Success mit Kunststoffschaft und Schalldämpfer als „Arbeitstier“ für die Drückjagden und bei „Sauwetter“, beide im Kaliber .308 Win. Für mich ist die Sicherheit einer Handspannung wichtig und ich komme mit diesem „Allrounder“ gut zurecht. In Ungarn habe ich meist die leichtere R93 mit, weil ich dort oft pirsche und das etwas geringere Gewicht dann angenehmer ist. Generell sitze ich lieber auf offenen Sitzen oder Leitern, als auf geschlossenen Kanzeln mit kleinen Fenstern. Meine Flinte ist eine Beretta Silver Pigeon Sporting im Kaliber 20. Ich habe leider nur sehr selten Gelegenheit zur Niederwildjagd, aber bin dafür umso öfter im Jagdparcours Buke bei Paderborn unterwegs. Einfach weil es Spaß macht.
Welche Munition bevorzugst du und warum?
Inzwischen schieße ich die Hornady ETX bzw. jetzt ECX. Die Hirsche in Ungarn habe ich fast alle mit der Norma Vulkan erlegt.
Womit gehst du immer zur Jagd?
Mit „Lienchen“, meiner jüngeren Dackelhündin und meinem Leica Geovid 8×56. Oft habe ich auch eine Wärmebildkamera zum Beobachten dabei, speziell wenn ich morgens pirsche, leistet sie gute Diensten damit man nicht noch im Dunkeln beim Angehen z.B. Rotwild übersieht und vergrämt.
Was wird deine nächste jagdliche Anschaffung?
Ein neuer Haselnuss-Pirschstock. Mein alter ist leider im letzten Jahr zerbrochen.
Wir von FRANKONIA bedanken uns herzlich bei allen Jägerinnen, die uns und alle Interessierten an ihren persönlichen Geschichten teilhaben lassen und freuen uns auf weitere spannende Stories!
4 Antworten
Hallo und guten Tag Frau Hertzig,
Eine beeindruckende Vita und Entwicklung zum Jägerleben, wozu ich nur gratulieren kann! Ich kann dies sehr gut nachvollziehen, da auch ich als „Spätberufener“ mit bereits 40 Jahren die Passion „Jagd“ für mich entdeckt habe, aber seit dieser Zeit stets aktiv nicht nur am Jägerleben, sondern insbesonders auch am jagdlichen Brauchtum und der jagdlichen Organisation teilnehmen durfte. Vom Geschäftsführer unseres Hegeringes über den anschließenden Leiter des Hegerings zum stellvertr. des Kreisjägermeisters und nicht zuletzt durfte ich als Kreisjagdberater unserer Kreisjägerschaft Mitglied des Jagdbeirates und der Prüfungskommission werden. Warum schreibe ich dies alles zu meiner Person? Weil ich auf Beschluß des Landesjagdverbandes mit 70 Jahren „ausgemustert“ wurde, obwohl ich nicht nur körperlich, sondern wie mir immer wiederbestätigt wurde, auch geistig fit gewesen wäre, dieses Amt noch einige Jahre fortzuführen. Insofern möchte ich auf diesem Weg, nicht mehr für mich, sondern für die vielen engagierten Jäger im Seniorenalter eine Lanze brechen, den Sachverstand dieser Jäger zu unserem Waidwerk auch über die Altersgrenze von 70 hinaus zu nutzen!!! Sich hiefür einzusetzen wäre sicherlich eine weitere lohnende Aufgabe für Sie. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen weiterhin alles Gute, stets viel Kraft für das von Ihnen übernommene Amt, und Waidmannsheil auf allen Wegen.
Ihr Helmut Beumers
Ich würde gerne mit Frau Heitzig in Kontakt treten
Guten Tag Frau Fürst-Wiesmann,
vielen Dank für Ihr Interesse und Ihren Kommentar.
Wir werden Sie zu Ihrer Anfrage direkt kontaktieren.
Viele Grüße
Ihr FRANKONIA Team
Lieber Herr Beumers,
Vielen Dank für Ihren Kommentar und die guten Wünsche. Ja, ich finde das auch sehr schade und tatsächlich wurde bereits mehrfach der Antrag, die Satzung diesbezüglich zu ändern und die Altersgrenze entweder ganz zu streichen oder zumindest um 5 Jahre anzuheben gestellt, aber leider haben die Änderungsanträge jeweils nicht die erforderliche Mehrheit der Mitgliederversammlung bekommen. Das Präsidium hat leider nicht die Befugnis, die Regel einfach aus der Satzung zu streichen.
Ihnen auch viel Waidmannsheil und Alles Gute! Ihre, Nicole Heitzig